Der Pflichtteil und der Zugewinnausgleich in der Erbschaftssteuer
Bei der Verteilung und der Besteuerung des Erbes gibt es immer wieder Überraschungen für die Erben. Durch die Ausnutzung des Erbrechts lassen sich aber auch Steuern sparen. Zwei in Zusammenhang mit Erbschaften anfallenden Fragen sind der Pflichtteil und der Zugewinnausgleich.
Das Pflichtteilsrecht in Deutschland gewährt Kindern, Eltern und Ehegatten des verstorbenen Erblassers einen Geldanspruch, wenn sie von der Erbfolge per Verfügung von Todes wegen ausgeschlossen wurden. Der Pflichtteil gewährt somit einen Anspruch auf einen bestimmten Geldbetrag. Dies kann häufig zu einer Herausforderung werden, da in der Regel nicht nur Bargeld vererbt wird und gegebenenfalls zur Erfüllung der Forderung Vermögenswerte verkauft werden müssen.
Der Pflichtteilsanspruch entsteht, wenn der Pflichtteilsberechtigte gänzlich von der Erbfolge ausgeschlossen ist (§ 2303 BGB). Wird der Pflichtteilsberechtigte Erbe, aber seine Erbquote erreicht nicht die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, so hat er einen weiteren Anspruch auf einen Zusatzpflichtteil – den sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch. Dabei werden Zuwendungen des Erblassers an Dritte in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod berücksichtigt und erhöhen grundsätzlich den Erbanspruch des Pflichtteilsberechtigten.
Erbschaftsteuerlich ist der Erwerb aufgrund eines Pflichtteilsanspruchs steuerbar. Die Steuerbarkeit des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ist noch nicht abschließend geklärt.
Besondere Regelungen gelten für Zuwendungen an Ehegatten und andere Zuwendungen unter Nießbrauchsvorbehalt bei der Ermittlung der Pflichtteilsansprüche.
Interessant ist bei der Berechnung der Erbschaftssteuer aus diesen und anderen Gründen immer auch die Frage, in welchem Güterstand die Ehe geführt wurde. Haben die Eheleute den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft beibehalten und keine Gütertrennung vereinbart, kann dies steuerlich günstig sein. Der Zugewinnausgleich ist der Ausgleich des Vermögenszuwachses, den Ehegatten während der Ehe erzielt haben, wenn die Ehe im Güterstand der Zugewinngemeinschaft geschieden oder durch den Tod eines Ehegatten beendet wird. Der Zugewinnausgleichs-anspruch ist nach § 5 ErbStG steuerfrei. Er wirkt wie ein zusätzlicher Freibetrag, der die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer deutlich vermindern kann. Der Freibetrag des Zugewinns ist nicht an eine tatsächliche Zahlung bzw. einen tatsächlichen Ausgleich gebunden, um steuerlich zu wirken.
Hinsichtlich der zivilrechtlichen Wirksamkeit ist in Fragen der Erbschaftssteuer anzuraten, immer einen Fachanwalt zu befragen. Aus steuerlicher Sicht können Zugewinnausgleichsansprüche aber zur Anwendung kommen, um manche ungewollten Steuerfolgen bei Vermögensübertragungen unter Eheleuten steuerlich abzumildern – sogenannte Mitternachts-Güterstandsschaukeln.
In der Praxis sollte daher bei der Fertigung einer Erbschaftsteuererklärung immer steuerlicher Rat eingeholt werden, um unnötige Steuerzahlungen und böse Überraschungen für die Erben zu vermeiden.
Autor: Dipl. Volkswirt Stefan Lorenz, Wirtschaftsprüfer