Die Kleinunternehmerregelung gem. § 19 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz
Müssen „Kleinunternehmer“ Umsatzsteuer zahlen?
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Der Gesetzgeber verzichtet bei Kleinunternehmern auf die Erhebung der Umsatzsteuer, wenn der Gesamtumsatz inkl. Umsatzsteuer im vorangegangenen Jahr 22.000 € nicht überstiegen hat und im laufenden Jahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird.
Dies hat zur Konsequenz, dass keine Umsatzsteuer abzuführen ist, aber auch kein Anspruch auf Vorsteuerabzug besteht. Für Unternehmer die vorwiegend für Personen leisten (Beispiel: Privatpersonen) die selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, bietet diese Regelung einen Preis- und Wettbewerbsvorteil. Sie können ihre Leistungen günstiger als die umsatzsteuerpflichtigen Mitbewerber anbieten. Gleichzeitig verlieren sie jedoch den Anspruch aus eingekauften Waren und Leistungen die Vorsteuer vom Finanzamt zurück zu bekommen.
Bei einer unterjährigen Existenzgründung ist der Grenzbetrag von 22.000 € entsprechend zu zwölfteln. Hier zählt jeder angefangene Monat voll. Ein Unternehmer der im Mai startet, darf demgemäß die Umsatzgrenze von (22.000 / 12 * 8 Monate =) 14.666 € nicht übersteigen.
Was gehört oder gehört nicht in die Berechnung zur Umsatzgrenze?
Vereinfacht und überschlägig betrachtet gehören alle steuerbaren Umsätze (vereinnahmten Entgelte + Eigenverbrauch) die zu einer Vorsteuerabzugsberechtigung führen in die Bemessungsgrundlage (Gesamtumsatz gem. § 19 Abs. 3 UStG). Es bestehen jedoch Besonderheiten und Ausnahmeregelungen.
Steuerfreie Umsätze werden bei der Ermittlung der Umsatzsteuergrenze damit nicht mit einbezogen (vergl. § 19 Abs. 3 i.V.m. § 19 Abs. 1 UStG). Ausgenommen hiervon die Ausfuhrumsätze nach § 4 Nr. 8a-h, Nr. 9 a und Nr. 10 UStG (Ausfuhrtatbestände die jedoch den Vorsteuerabzug ermöglichen).
Verkauf von Anlagevermögen
Anlageverkäufe gehören nicht in die Bemessungsgrundlage Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 1 UStG. Zu dem maßgeblichen Umsatz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG gehören nicht die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (Abschn. 19. 1 Abs. 6 UStAE). Das gilt bei einer Veräußerung als auch bei einer Entnahme i.S.d. § 3 Abs. 1b UStG. Unregelmäßige Einzelumsätze die nicht zum Grundgeschäft des Unternehmens gehören, sollen hier die Bemessungsgrundlage nicht verfälschen.
Eigenverbrauch / Anwendung der 1% Regelung / Private Pkw-Nutzung
Rechtssystematisch gehören auch die Umsätze aus der Privaten Pkw-Nutzung in die Bemessungsgrundlage, da die Aufwendungen ebenso zum Vorsteuerabzug führen. Dies kann im Einzelfall umstritten sein. Insbesondere dann, wenn die Anschaffung des Pkw nicht zum Vorsteuerabzug (wegen der Kleinunternehmerregelung) geführt hat. (Vergl. hierzu Urteil des FG Baden Württemberg 5 K 5162/10 vom 15.2.2011). Ebenso verwischt der Eigenverbrauch die Beurteilungskriterien (Umsatzgröße). So hat auch der BFH (Az. BFH V R 12/11 vom 15.9.2011) entschieden, dass bei privater Nutzung betrieblicher Gegenstände (Kfz, Telefon etc.) nicht in die Bemessungsgrundlage zur Beurteilung der Kleinunternehmereigenschaft (22.000€ – Jahreswert) mit einzubeziehen ist.
Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung
Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung gehören nicht zur Bemessungsgrundlage des Gesamtumsatzes (Regelung gem.§ 1 Abs. 1a UStG)
Vereinnahmte Entgelte inkl. Umsatzsteuer oder zuzüglich Umsatzsteuer?
Eine fiktive Umsatzsteuerberechnung erfolgt nicht, auch wenn dies in manchen Internethinweisen aus dem Gesetz so abgeleitet wird. Die Kleinunternehmergrenze von 22.000 € gilt für die vom Kleinunternehmer tatsächlich vereinnahmten Entgelte. Die Gesetzesformulierung in § 19 Abs. 1 UStG „zuzüglich der darauf entfallenden Steuer“ behandelt den Fall, dass ein bisher umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer zur Kleinunternehmerregelung optieren möchte. In diesem Fall gilt auch das vereinnahmte Entgelt, dann konsequenterweise das Bruttoentgelt, also inkl. Umsatzsteuer.
Was passiert bei Überschreitung der Umsatzgrenze von 22.000 €?
Bei Überschreitung der Umsatzgrenze von 22.000 € in einem Jahr sind alle Umsätze ab dem 01.01. des Folgejahres umsatzsteuerpflichtig. Ist allerdings bereits sicher erkennbar, dass im Folgejahr der Umsatz inkl. Umsatzsteuer unter 22.000 € liegen wird, kann gemäß Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 18.10.2007 – V B 164/06 erneut auf die Berechnung der Umsatzsteuer verzichtet werden.
Hinweis: Zahlungseingänge für Rechnungen für die noch Kleinunternehmervergünstigung nach § 19 Abs. 1 UStG galt, bleiben auch dann steuerfrei, wenn diese erst nach dem 31.12. des letzten Jahres erfolgen in dem Steuerbefreiung galt (vergl. 19.5 UStAE).
Rechnungen für Umsätze die noch in den Zeitraum der Kleinunternehmervergünstigung nach § 19 Abs. 1 fallen, bleiben auch dann ohne Umsatzsteuerausweis, wenn diese erst nach dem 31.12. des letzten Jahres erstellt werden, in dem die Steuerbefreiung galt (vergl. 19.5 UStAE). Um Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung zu vermeiden ist der Leistungszeitraum nicht nur auf der Rechnung aufzuführen, sondern zu dokumentieren / nachzuweisen.
Hinweis: Die Definition „Umsatz / Umsätze“ im Umsatzsteuerrecht umfasst als Oberbegriff Lieferungen und sonstige Leistungen, einschließlich unentgeltlicher Wertabgaben und Verbringungen.
Kann auch ein Kleinunternehmer Umsatzsteuer berechnen?
Der Kleinunternehmer kann auf die Anwendung dieser Regelung verzichten und zur Regelbesteuerung optieren. An diese Entscheidung ist er dann für fünf Jahre gebunden (vergl. 19.2 UStAE / § 19 Abs. 2 UStG)
Wichtig: Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG / Abschnitt 15a.2 Abs. 2 Nr. 3 UStAE
Bei der Anschaffung von Wirtschaftsgütern (Beispiel PKW) in dem Jahr, in dem die Kleinunternehmerregelung Anwendung findet, besteht folgerichtig keine Vorsteuerabzugsmöglichkeit. Kommt es dann in den Folgejahren zur Regelbesteuerung führt der Verkauf oder die Entnahme von Wirtschaftsgütern, wie auch der Eigenverbrauch zur Berechnung von Umsatzsteuer. In diesen Fällen kann der Vorsteuerabzug zeitanteilig im Rahmen der Berichtigungsvorschrift des § 15a UStG nachgeholt werden. Der Berichtigungszeitraum beginnt mit der Verwendung des Wirtschaftsgutes (Kfz: Zulassung).
Beispiel:
Jahr 01: Ein Kleinunternehmer schafft einen Transporter am 1. 8.01 an. Die Vorsteuer beträgt 6000€. Die Vorsteuer ist nicht abzugsfähig, da es sich um einen Kleinunternehmer im Sinne von § 19 Abs. 1 UStG handelt und dieser auch nicht zur Regelbesteuerung optiert hat.
Jahr 02: Durch Überschreitung der Umsatzgrenzen im Jahre 01 kommt es zur umsatzsteuerlichen Regelbesteuerung ab 01.01.02. Es erfolgt eine Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG wie folgt:
Berichtigungszeitraum 5 Jahre = 60 Monate vom 01.08.01 bis zum 31.07.06.
Vorsteuerberichtigung im Jahre 02: 12/60 von 6000 € = 1.200 €. Soweit sich die Verhältnisse nicht ändern kommt es zu einer jährlichen Vorsteuerberichtigung bis zum Jahre 06, wobei im letzten Jahr nur eine Berichtigung in Höhe von 7/60 = 700 € möglich ist.
Die gleiche Problematik ergibt sich im Umkehrfall, d.h. der Übergang von der Regelbesteuerung zur Kleinunternehmerregelung. Hier erfolgt ebenso eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei der Anschaffung von Wirtschaftsgütern gem. § 15a UStG.
Was schreibt der Kleinunternehmer auf seine Rechnung?
Soweit es sich bei dem Unternehmer um einen Kleinunternehmer im Sinne des § 19 Abs. 1 UStG, handelt, der nicht zur Umsatzsteuer optiert hat und somit auch keine ausweist, ist dieser von den Formerfordernisse der Rechnungsstellung (§ 14 UStG) teilweise befreit.
Folgende Regelungen keine Anwendung:
▪ Steuerbefreiung bei innergemeinschaftlichem Erwerb gem. § 4 Nr. 1 b, § 6 UStG
▪ Verzicht auf Steuerbefreiungen gem. § 9 UStG
▪ Gesonderte Ausweis der Steuer gem. § 14 Abs. 4 UStG
▪ Angabe der Ident-Nr. gem. § 14a Abs. 1, 3 und 7 UStG
▪ Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG
Auf der Rechnung des Kleinunternehmers kann damit auch keine Umsatzsteuernummer vermerkt werden. Zur Klarstellung sollte in der am Ende der Rechnung ein entsprechender Hinweis angebracht werden:
„Keine Umsatzsteuerberechnung da Kleinunternehmer im Sinne von § 19 Abs. 1 UStG“
Der Ausweis der Umsatzsteuer entfällt in diesem Fall natürlich! Unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer muss ansonsten an das Finanzamt abgeführt werden.
Fazit: Der Kleinunternehmer weist auf seinen Rechnungen keine Umsatzsteuer aus und erhält auch die von ihm bezahlte – in den Eingangsrechnungen ausgewiesene – Umsatzsteuer (Vorsteuer) nicht zurück und kann keine umsatzsteuerfreie EU Lieferungen und Leistungen erlangen.
Download: Musterrechnung für Kleinunternehmer
Muss der Kleinunternehmer eine Umsatzsteuererklärung abgeben?
Zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung ist jeder Unternehmer grundsätzlich verpflichtet. Umsatzsteuerlicher Unternehmer ist jeder, der eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 UStG). Eine jährliche Umsatzsteuererklärung mit Angabe der Daten zur Kleinunternehmerschaft musste der Kleinunternehmer bis Veranlagungszeitraum 2022 ebenfalls abgeben. Ausgenommen von der Abgabeverpflichtung waren nur Unternehmer, die ausschließlich nach § 4 UStG steuerbefreite Umsätze ausführen. Hierzu gehören die Heilberufe (wie Ärzte) oder Versicherungsvertreter etc.
Ab dem Veranlagungszeitraum 2023 sind Kleinunternehmer grundsätzlich von der Übermittlung der Umsatzsteuererklärungen befreit (§ 27 Abs. 38 UStG-E). Dies betrifft nicht die Fälle des § 18 Abs. 4a UStG. Ebenfalls muss bei Aufforderung zur Abgabe durch das Finanzamt eine Erklärung übermittelt werden.
Kann zur Kleinunternehmerregelung gewechselt werden?
Der Kleinunternehmer (Unternehmer mit Umsätzen unter 22.000 € p.a.), der auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung gem. § 19 Abs. 1 UStG verzichtet und somit Umsatzsteuer ausgewiesen hat, kann auch zu einem späteren Zeitpunkt wieder zur Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 UStG (kein Umsatzsteuerausweis) wechseln. Die Sperrfrist beträgt fünf Jahre ab dem Zeitpunkt des Verzichts der Anwendung der Kleinunternehmerregelung (§ 19 Abs. 2 UStG). Der Wechsel von der Regelbesteuerung zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung aufgrund des Unterschreitens der Umsatzgrenze (max. 22.000 €), ist erstmals ab dem 01.01. des Folgejahres möglich in dem die Umsatzgrenze unterschritten wurde oder voraussichtlich (Beispiel: Wechsel vom Haupt- zum Nebenerwerb) unterschritten wird.
Wichtig: Der Wechsel zur Kleinunternehmerregelung kann jedoch die Rückforderung von Vorsteuerbeträgen gem. § 15a UStG – insbesondere bei Anschaffungen – zu Folge haben. Die Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a Abs. 1 UStG beträgt ab dem Zeitpunkt der Anschaffung bei Gebäuden zehn Jahre und bei den übrigen Wirtschaftsgütern fünf Jahre. Die Folgen hieraus: der Fristablauf etc. ist im Vorfeld zu prüfen. Geldeingänge aus Rechnungen/Leistungen die noch im Zeitraum der Regelbesteuerung und demgemäß mit Umsatzsteuerausweis berechnet wurden, unterliegen auch dann der Regelbesteuerung, wenn diese nach dem Zeitpunkt der Option zur Kleinunternehmerregelung eingehen. Diese Umsätze werden ebenso in der Umsatzsteuerjahreserklärung/Umsatzsteuervoranmeldung erklärt. Auch diese Zahlungen fliesen in die Bemessungsgrundlage (22.000 €) zur Beurteilung der Kleinunternehmerregelung ein.
aktualisiert: Januar 2024