Versteuerung von Scheingewinnen
Nicht erst seit den Erscheinungen wie „European Kings Club“ oder „Phönix“ trifft die geprellten Kapitalanleger nicht nur der Verlust des Geldes, sondern auch die Macht des Gesetzes wegen Steuerhinterziehung. Die Praxisfälle verlaufen alle nach dem bekannten Strickmuster. Dem Anleger werden bei Leistung entsprechender Geldanlagen hohe Renditen versprochen, die nur aufgrund besonders „ausgefeilter“ und „geheimer“ Anlagestrategien möglich sind. Der Tipp kommt aus dem Bekanntenkreis oder von sonstigen vertrauenserweckenden Personen. Es werden Anlageverträge geschlossen die beachtliche Zinsgewinne in Aussicht stellen. Die Einzahlungen erfolgen in bar oder auch via Überweisung. Der Anlagezeitraum beträgt oft nur wenige Monate. So wurden mir Anlageverträge mit Zahlungen zwischen 10.000 € und 50.000 € vorgelegt, die eine Rendite von über 20% für die Dauer von drei Monaten vorsahen. Der Anleger erhält nach Ablauf der Anlagezeit pünktlich und ordnungsgemäß einen Kontoauszug von dem „Anlageinstitut“ und die Aufforderung zu entscheiden, ob er nun das Geld insgesamt oder teilweise ausgezahlt bekommen oder er das – ebenfalls beigefügte und äußerst attraktive – Wiederanlageangebot annehmen möchte.
Bei neu eingeführten – so genannten „Schneeballsystemen“, werden zurückgeforderte Gelder auch unverzüglich zurückgezahlt. Damit steigt natürlich die Weiterempfehlungsrate und die Anleger möchten gerne noch einmal so eine „gewinnträchtige Runde“ vollziehen. Ihr Geld im „Schlaf“ vermehren. Ist das Vertrauen so erst Mal gewonnen, wird fleißig weiter eingezahlt und die Kontoauszüge nehmen immer groteskere Formen an. Ausgewiesene Jahresrenditen von über 100% sind keine Seltenheit. Irgendwann möchten die Anleger ihr Geld zurück, ihnen wird dies selbst „unheimlich“ und wenn dann der Punkt erreicht ist, an dem mehr Anleger ihr Geld zurückfordern als neue Anleger zu dem System hinzustoßen oder wenn das Geld bereits früher von dem „Anlageinstitut“ vernichtet wurde, ist der Traum ausgeträumt. Recht schnell wird dann der Betrugsfall aufgedeckt und publik. In den vergangenen Jahren gab es hier eine Vielzahl solcher Betrugsfälle. Tatsächlich ziehen sich die Anlageaktivitäten meist über mehrere Jahre hin. Der Anleger, der seine Auszüge mit den Zinsgutschriften und steigenden Guthaben erhalten hat, hat diese Zinseinkünfte oft nicht in seiner Steuererklärung erklärt und versteuert. Nicht weil er an der Seriosität zweifelte, sonst hätte er ja sein Geld zurückgefordert, sondern weil er die hohen Zinsen kassieren und die Steuern vermeiden wollte. Die Gier wuchs ins Grenzenlose. Nach dem der Betrugsfall aufgedeckt und damit auch der Finanzverwaltung bekannt wurde, hatte der Anleger erst recht keine Absicht seine Einkünfte zu erklären, schließlich sind sie ja total ausgefallen und er ist ein Betrugsopfer.
Die Steuerfahndung, die Finanzverwaltung und auch die Finanzgerichte sehen dies allerdings meist anders. Schließlich muss jeder Bürger seine Dividenden oder Zinseinnahmen entsprechend den vorgelegten Bankauszügen versteuern unabhängig davon, ob das Geld zukünftig durch eine ungünstige Entscheidung / Anlage verloren geht. So auch hier, bis zu dem Zeitpunkt, wo der Anleger mit einer Auszahlung der angelegten Gelder rechnen konnte (wenn er sie nur angefordert hätte), sind die ausgewiesenen Zinsgutschriften zu versteuern. So entschied auch der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 28.10.2008 (Az. VIII R 36/04). Im Urteilsfall musste ein Ehepaar 1,4 Mio-DM als Einnahmen versteuern, obwohl tatsächlich nur 650.000 DM zugeflossen sind. Die erzielten Erträge dürften damit nicht einmal die angefallenen Steuern und Folgeabgaben gedeckt haben. Solange genug Gelder beim Schneeballsystem zufließen, um die vermeintlichen Renditen auszuzahlen, sind diese zu versteuern. Dies auch, wenn die Buchhaltung gefälscht ist und nur Scheingutschriften erteilt wurden. Im Falle der nachgewiesenen Hinterziehungsabsicht kommen noch die Auswirkungen und Sanktionen des Steuerstrafverfahrens hinzu. Im ungünstigsten Fall ist der „clevere“ Anleger am Ende vorbestraft und mittellos.
Dieter P. Gonze, Stb., 8. 7.2009