Fliegendes Personal – Besondere Werbungskosten
Viele Berufe bringen berufstypische Werbungskosten und weitere steuerliche Besonderheiten mit sich. Nachfolgend eine Übersicht zu den besonderen Werbungskosten und Besonderheiten beim „fliegenden Personal“ wie Piloten und Flugbegleitern.
Steuerpflicht in Deutschland?
Die Besonderheiten beginnen mit der Frage nach der Steuerpflicht und der Möglichkeit eine Einkommensteuererklärung in Deutschland abzugeben, natürlich mit dem Ziel eine Steuerrückerstattung zu erlangen.
Auch wenn das fliegende Personal in Deutschland besteuert wird (Besteuerung des deutschen Arbeitgebers gem. § 19 Abs. 1 Nr. 4 EStG), ist dies nicht gleichzusetzen mit der unbeschränkten Steuerpflicht des Arbeitnehmers (§ 1 EStG). Diese ist jedoch zwingende Voraussetzung um im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung (§ 25, § 46 EStG) Steuererstattungsansprüche im nachhinein zu realisieren. Es kommt hier auf den Wohnsitz und den gewöhnlichen Aufenthalt des Arbeitnehmers an. Liegt dieser in Deutschland, sind die Einkünfte im Rahmen einer Pflichtveranlagung oder einer freiwilligen Veranlagung (§25, §46 EStG) zu erklären. Die freiwillige Abgabe einer Steuererklärung ist sinnvoll, soweit mit Steuererstattungen gerechnet werden kann. Hat der Arbeitnehmer weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist dennoch die Abgabe einer Steuererklärung möglich, soweit 90% der Einkünfte der deutschen Steuer unterliegen (§ 1 Abs. 3 EStG). Bei EU-Bürgern ist auch eine Zusammenveranlagung mit dem im Ausland lebenden Familienangehörigen im Rahmen der Vorschrift des § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG möglich. Hinweis: damit können auch weitere Steuervergünstigung wie die Berücksichtigung von Handwerkerleistungen gem. § 35a EStG (§35a Abs. 1 Nr. 4 EStG) in Frage kommen. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.
Liegt der Wohnsitz / gewöhnliche Aufenthalt nicht im Inland, sind ggf. weitere Besonderheiten gem. den bestehenden bilateralen Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung zu überprüfen. Beispiel: DBA Belgien, bei Wohnsitz in Belgien, Verrechnung mit belgischer Kommunalsteuer (8%), siehe Zeile 24 in der Anlage N + Mantelbogen Seite 4, Zeilen 101 + 107.
Besonderheiten bei den Werbungskosten:
Die erste Tätigkeitsstätte ist der im Arbeitsvertrag festgelegte Flughafen (BFH VI R 17/17 anhängig).
Neben der Angabe der Fahrttage zu den Diensten sind auch die Fahrttage zu Personalversammlungen, Weiterbildungsseminaren und sonstigen Vorsprachen bei Dienststellen in der Ermittlung der Fahrtkosten/Entfernungspauschale zu berücksichtigen. Aufwendungen zur Erlangung von notwendigen Reisedokumenten wie Reisepässe, Visakosten, Passfotos, Fahrtkosten hierzu etc. können uneingeschränkt geltend gemacht werden.
Beruflich veranlasste Telekommunikationskosten, wie die direkte Rufbereitschaft über Handy etc., können im Wege des Einzelgesprächsnachweises (Gesprächsnotizenbuch auch mit eingehenden Anrufen!) oder durch sachgerechte Schätzung geltend gemacht werden. Ideal ist, wenn hier konkrete Aufzeichnungen über einen Zeitraum von drei Monaten vorliegen, die dann auf das Jahr hochgerechnet werden können.
Ohne Nachweis werden hier erfahrungsgemäß 20% der Aufwendungen bzw. max. 20 € je Monat anerkannt. Das fliegende Personal ist uniformiert und kann damit entstehende Aufwendungen für typische Berufskleidung geltend machen. Hierzu gehören die vom Arbeitgeber verlangten Eigenanteile zur Berufskleidung sowie die selbst entstandenen Reinigungs- und Pflegekosten. Die Belege der Reinigungskosten durch Reinigungen, Hotels etc. müssen vorgelegt werden. Sie müssen den Hinweis „Reinigung von Uniformteilen“ enthalten. Die im Haushalt entstehenden Reinigungskosten sind zu schätzen.
Der BFH hat bereits mehrfach solche Schätzungen soweit sie sachgerecht sind zugelassen. Die Schätzungen beinhalten die anteiligen Kosten für die Waschmaschine, Strom, Wasser, Waschpulver etc.. Zu Empfehlung ist eine Darlegung der Häufigkeit und Menge unter Ansatz der Erfahrungswerte der Verbrauchverbände für die Kosten eines Waschgangs. Die Reinigungskosten typischer Berufskleidung für einen unterstellten Jahreswert von 120kg liegen bei 94,80 € bei einem 2-Personen-Haushalt. Zu den berufstypischen Arbeitsmitteln gehören Flightkits und Pilotentaschen. Mehrverpflegungsaufwendungen wegen der Reisetätigkeit können wie bei allen anderen Arbeitnehmern in Höhe der Pauschbeträge geltend gemacht werden. Hiervon sind natürlich Arbeitgebererstattungen abzuziehen.
Sowohl bei Piloten als auch bei Flugbegleitern können die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer geltend gemacht werden, soweit der Arbeitgeber bescheinigt, dass ein anderer Arbeitsplatz für die notwendigen Arbeitsvorbereitungsmaßnahmen nicht zur Verfügung steht. Der Kostenabzug wäre dann bis max. 1.250 € p.a. möglich. Aufgrund der beruflich bedingten Hotelunterbringungen werden Trinkgelder in Höhe von 3,60 € pro Hotelaufenthalt (lt. Dienstplan) oder pauschal 150 € je Jahr als Werbungskosten akzeptiert. Aufwendungen für Taxifahrten etc. werden gegen Belegnachweis ebenfalls zu 100% anerkannt.
Übersicht und Hinweise:
Koffer – Flight-Cases – Pilote-Case – Navigationskit
Unstreitig können die Aufwendungen für Koffer, die ausschließlich zur Berufsausübung verwendet werden als Werbungskosten steuermindernd geltend gemacht werden. Im Zweifel ist dies zu begründen/zu belegen.
Mehrverpflegungsaufwendungen:
Zunächst ist zu klären, ob der Arbeitgeber die steuerlich zulässigen Pauschalen für Mehrverpflegungsaufwendungen an den Arbeitnehmer steuerfrei ausgezahlt hat. In vielen Fällen erfolgt die Auszahlung von Mehrverpflegungsaufwendungen steuerpflichtig im Rahmen der mtl. Lohn-/Gehaltsabrechnung. Soweit die Beträge vom Arbeitgeber steuerpflichtig behandelt wurden oder keine Mehrverpflegungsaufwendungen vergütet wurden, können die Pauschbeträge als Werbungskosten im Rahmen der Einkommensteuererklärung steuermindernd geltend gemacht werden. Maßgeblich für den anzuwendenden Pauschbetrag ist das zuletzt erreichte Land (Zeitpunkt der Landung) am Arbeitstag.
Hinweis hierzu: Die Auswertung der Dienstpläne ist teilweise sehr aufwendig. Von Vorteil ist es hier, wenn der Arbeitnehmer präzise Auswertungen bereits über Excel etc. erstellt hat. Auch eine Nutzung der im Internet unter www.easydutyplan.com ist möglich, jedoch kostenpflichtig.
Berufskleidung: Anschaffung und Reinigung
Aufwendungen für das Tragen von Dienstkleidung (Uniformen, Blusen etc. mit Initialen des Arbeitgebers = typische Berufskleidung) sind als Werbungskosten steuermindernd zu berücksichtigen. Hierzu gehören die Anschaffung (Minderung bei Nettoauszahlung von Kleidergeld lt. Lohnabrechnung!), wie auch die Aufwendungen für Reinigung. Hierzu dienen entweder die belegten Reinigungskosten oder Pauschbeträge je Waschgang (Wäsche + Bügeln) die regelmäßig von den Verbraucherverbänden bekannt gegeben werden (vergl. BFH v. 29.6.1993 BStBl 1993 II S. 838). Hier kann dann ein selbst geschätzter Pauschbetrag mit den Anzahl der Wasch-/Bügelgängen multipliziert werden.
Link: Pauschbeträge der Verbraucherzentrale
Fahrtkosten
Seit 2014 können für die Strecke vom Wohnort zur ersten Tätigkeitsstätte (i.d.R. Heimatflughafen) die Entfernungskostenpauschale je Entfernungskilometer (einfache Strecke) geltend gemacht werden. Fahrtkosten, die während der Flugreise anfallen (Shuttlekosten, Taxi-, Bus etc. vor Ort), können gegen Nachweis in voller Höhe als Werbungskosten steuermindernd geltend gemacht werden.
Reisepass / Visum
Berufliche bedingte Visagebühren etc. oder auch die häufige Neuausstellung eines Reisepasses (inkl. Fotos etc.) sind Werbungskosten. Dies gilt nicht für die erstmalige Ausstellung eines Reisepasses.
Telekommunikationskosten / Rufbereitschaftsdienste / Securitykontrollchips etc.
Beruflich notwendige Aufwendungen hierzu können als Werbungskosten geltend gemacht werden. Unkompliziert bei sogenannten Sicherheitschips und Datendienste für die Eingangskontrollen in den Flughafenbereichen etc. Im Übrigen müssen weitere Aufwendungen begründet und belegt werden.
Trinkgelder
Das fliegende Personal muss bei Auslandsreisen übliche Trinkgelder für Servicedienste (Gepäcktransport, Taxi etc.) leisten. Je Reisetag akzeptiert die Finanzverwaltung ohne weitere Nachweise ein Trinkgeld von 3,60 €. Dies kann an Hand der Reise-/Dienstpläne des Arbeitnehmers leicht belegt werden.
Umzugskosten
Beruflich bedingten Umzugskosten sind steuermindernd abzugsfähig. Soweit keine höheren Beträge nachgewiesen werden können, gelten die Umzugskostenpauschalen nach dem Bundesumzugskostengesetz. Bei einem Zuzug aus dem Ausland nach Deutschland kann gem. § 10 der Auslandsumzugskostenverordnung die zweifache Umzugskostenpauschale berücksichtigt werden.
Zum Schluss: Wie bei allen anderen Arbeitnehmern sind natürlich auch die üblichen Arbeitnehmerwerbungskosten wie Gewerkschaftsbeiträge, Verbandsbeiträge, Aus- und Fortbildungskosten und ggf. beruflich bedingte Sprachkurse (soweit kein Basickurs) zu berücksichtigen.
Hinweis: Einkommensteuerberatung in unseren Kanzleistandorten können in Englisch und weiteren Sprachen wie Italienisch, Spanisch, Russisch, Tschechisch, Polnisch u.a. durchgeführt werden. Sprechen Sie hierüber mit den Mitarbeiter am gewählten Kanzleistandort.
Fundstellen:
OFD Berlin v. 18.10.2004 – St 154 – S 2354 – 4/00
Auslandsreiskostenverordnung (Infos zu Flugreisen)
Mehrverpflegungsaufwendungen bei Auslandsreisen 2023 (Pauschbeträge)
Mehrverpflegungsaufwendungen bei Auslandsreisen 2024 (Pauschbeträge)
Reinigungskosten Berufskleidung / Pauschbeträge der Verbraucherzentrale
Stand: Februar 2024