Im Regelfall können Reparatur- und Instandhaltungsaufwendungen bei privaten Mietimmobilien (Gebäude/Wohnungen, die vermietet werden) im Jahr des Aufwands in voller Höhe als Werbungskosten steuermindernd bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden.
Kann der sofortige Werbungskostenabzug steuerlich nicht optimal genutzt werden, so können die Aufwendungen in gleichen Beträgen auf zwei bis fünf Jahre verteilt werden (§ 82b EStDV).
Beispiel: Reparaturaufwand im Jahre 2015: 9000 €
steueroptimiert verteilt auf die Jahre 2015, 2016 + 2017 mit jährlich 3.000 €.
Die Anlage V der Einkommensteuererklärung sieht hierfür ein eigenes Erfassungsfeld vor.
Der sofortige Abzug von Reparatur-/Instandhaltungsaufwendungen im Jahr der Entstehung würde die Anschaffung einer gebrauchten Immobilie mit einem hohen Instandhaltungsrückstau gegenüber einer intakten oder neuen Immobilie steuerlich sehr interessant machen. Der Kaufpreis ist durch den Reparaturstau entsprechend gemindert und der so ersparte Kaufpreisanteil könnte in steuerlich sofortabzugsfähige Reparatur- und Instandhaltungskosten umgewandelt werden.
Diesem Grundgedanken hat der Gesetzgeber mit seiner Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG (Einkommensteuergesetz) einen Riegel vorgeschoben. Diese lautet „Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten)“. Unberücksichtigt hierbei bleiben Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen. Hierzu zählen die Schönheitsreparaturen, die Wartungskosten für die Heizungsanlage etc. und sonstige kleinere Reparaturaufwendungen. Unberücksichtigt bleiben auch unstreitige Herstellungsaufwendungen für etwas neu geschaffenes, wie beispielsweise ein Anbau.
Ist jedoch eine Aufteilung zwischen den jährlich üblicherweise anfallenden Reparaturen, Herstellungs- und Modernisierungsaufwand nicht möglich, zählt der Gesamtaufwand zur Sanierungsmaßnahme. Dies insbesondere dann, wenn Aufwand im Rahmen einer Sanierung als einheitliche Gesamtmaßnahme zu betrachten ist. (BFH-Urteil vom 25.8.2009, IX R 20/08 (BStBl 2010 II S. 125). Auch andere vom Steuerpflichtigen frei gewählte Zuordnungen und Gestaltungsideen sind nicht zulässig. Dies wurde ebenso mit demBFH-Urteil vom 14.6.2016 IX R115/15 bestätigt.
Wichtig: Bei Anschaffung einer Immobilie darf der Instandhaltungsaufwand in den ersten drei Jahren 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes nicht überschreiten! Wird der Betrag überschritten, zählt der gesamte Aufwand als Herstellungsaufwand und wird dann über die Restnutzungsdauer des Gebäudes, i.d.R. mit 2 % oder 2,5 % gem. § 7 EStG abgeschrieben.
Fallbeispiel: Kauf eines Zweifamilienhauses zum Preis von 350.000 € im Jahr 2015
Kaufpreis lt. Notarvertrag |
350.000,00 € |
|
Anschaffungsnebenkosten |
12 % |
42.000,00 € |
Anschaffungskosten: |
100 % |
392.000,00 € |
Grundstück in qm: |
380 |
|
amtlicher Bodenrichtwert: |
250 € |
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Grundstücksanteil am Kaufpreis |
95.000,00 € |
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Prozentual (95000/350000*100) |
27,14 % |
|
Anschaffungskosten insgesamt: |
392.000,00 € |
|
Gebäudeanteil (100% – Grundstücksanteil) |
72,86 % |
285.600,00 € |
Maximaler Instandhaltungsaufwand: |
15 % |
42.840,00 € |
Neben den Reparaturaufwendungen im üblichen Umfang, dürfen die übrigen Reparaturaufwendungen im Beispielfall in den ersten drei Jahren insgesamt 42.840 € nicht übersteigen.
Übersteigen die Aufwendungen den maximal Wert von 15 % des Gebäudeanteils der Anschaffungskosten, geht die Finanzverwaltung von der Nachholung eines mehrjährigen Sanierungsstaus aus und entsprechend der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG ist der Aufwand als nachträglicher Herstellungsaufwand über die Restnutzungsdauer des Gebäudes abzuschreiben.
Beispiel: Sofortabzug von 42.840 € beim Steuersatz von 35 % = Steuerminderung von 14.994 € gegenüber einer 2%igen Abschreibung auf 42.840 € = 856,80 €, beim Steuersatz von 35 % = Steuerminderung von 299,88 €.
Aus dem Beispielfall ist erkennbar, dass es per Saldo erheblich günstiger sein kann, Renovierungs- und Modernisierungsaufwendungen auf den Zeitraum nach Ablauf der 3-Jahresfrist zu verschieben. Die so gewonnene Steuerersparnis von oft mehreren tausend Euro können besser im Objekt investiert werden. An der 15-%-Grenze sollte hier nicht entlang „geschlittert“ werden, um das Ziel nicht zu verfehlen. Allein die oft streitige Aufteilung der Anschaffungskosten auf den Grund und Boden und den Gebäudeanteil kann zu einer nachteiligen Reduzierung des 15-%-Grenzbetrages führen.
Das Thema „Anschaffungsnaher Herstellungsaufwand“ ist ein besonderes Prüffeld der Prüfer und Veranlagungsbeamten der Finanzverwaltung.
Exkurs: Ermittlung des Wertes des Gebäudeanteils am Gesamtkaufpreis
Das Standardberechnungsschema wurde im vorliegenden Beispielfall dargelegt. In der Alltagspraxis können jedoch noch weitere zu berücksichtigende Dinge und Fallvarianten eine Rolle spielen:
1. Der „Schnäppchenkauf“
Erfolgte die Anschaffung zu einem Preis der aufgrund einer besonderen Gelegenheit/Kaufchance deutlich unter dem allgemeinen Marktpreis (Verkehrswert) liegt ist zu prüfen, ob eine andere Betrachtungsweise für den Steuerpflichtigen nicht zu einer günstigeren Lösung führt.
Nehmen wir in unserem Beispielfall an, dass lt. vorgelegtem Wertgutachten der Verkehrswert des Gebäudes (durch Schätzer, Bankbewerter etc.) mit 420.000 € ermittelt und hierbei auch der amtliche Bodenrichtwert angesetzt wurde. Wirtschaftlich betrachtet verteilt sich, soweit keine anderen besonderen Gründe vorliegen, der Preisnachlass eines Gelegenheitskaufes auf alle Wirtschaftsgüter zu gleichen Teilen. Demgemäß wurde auch das Grundstück günstiger und damit unter dem amtlichen Bodenrichtwert erworben. Hier ist zu unserem Beispielfall folgende Berechnung durchzuführen:
Verkehrswert lt. Gutachten | 100% | 420.000,00 € |
Grundstück in qm: | 380 | |
amtlicher Bodenrichtwert: | 250 € | |
Grundstücksanteil am Kaufpreis | 95.000,00 € | |
Prozentual (95000/420000*100) | 22,62% | |
Anschaffungskosten insgesamt: | 392.000,00 € | |
Gebäudeanteil (100% – Grundstücksanteil) | 77,38% | 303.333,33 € |
Maximaler Instandhaltungsaufwand: | 15% | 45.500,00 € |
Diese Betrachtung führt im Beispielfall zu einem günstigeren steuerlichen Ergebnis. Einmal zur Bemessungsgrundlage für die Abschreibung des Gebäudewertes (jetzt 303.333,33 € anstatt 285.600 €) und zum anderen zur Ermittlung der 15-%-Grenze (jetzt 45.500 € anstatt 42.840 €) für den anschaffungsnahen Herstellungsaufwand in den ersten drei Jahren nach dem Erwerb.
2. Der unentgeltliche Erwerb
Beim unentgeltlichen Erwerb einer Immobilie (Beispiel Schenkung/Erbschaft) mangelt es an dem Kauf. Die Betrachtungen zum anschaffungsnahen Aufwand entfallen hier. Der Erwerber „tritt in die Fußstapfen“ des Vorgängers (Abschreibung etc.) und die von ihm getragenen Erhaltungsaufwendungen stellen sofort abzugsfähige Werbungskosten dar.
3. Der teilentgeltliche Erwerb
Ob tatsächlich ein „unentgeltlicher Erwerb“ vorliegt, ist im Einzelfall sorgfältig zu prüfen. Werden mit der Grundstücksübertragung Lasten wie Darlehen und sonstige Leistungsverpflichtungen übernommen oder ein verminderter Kaufpreis gezahlt, so handelt es sich um einen teilentgeltlichen Erwerb. In diesem Fall ist der Vorgang in einen unentgeltlichen und einen entgeltlichen Erwerbsanteil aufzuteilen.
Wir wandeln unseren Beispielfall hierzu etwas ab. Die Immobilie wurde von den Eltern dem Sohn unentgeltlich übertragen. Das auf der Immobilie lastende Darlehen in Höhe von 114.500 € musste vom Sohn übernommen werden.
Wert der Immobilie lt. Notarvertrag |
350.000,00 € |
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Grundstück in qm: |
380 |
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amtlicher Bodenrichtwert: |
250 € |
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Grundstücksanteil am Kaufpreis |
95.000,00 € |
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Prozentual (95000/350000*100) |
27,14% |
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Wert der Immobilie lt. Notarvertrag |
350.000,00 € |
|
Gebäudeanteil (100% – Grundstücksanteil) |
72,86% |
255.000,00 € |
Maximaler Instandhaltungsaufwand: |
15% |
38.250,00 € |
Wert der Immobilie lt. Notarvertrag |
100% |
350.000,00 € |
übernommenes Darlehen: |
32,71% |
114.500,00 € |
Bei Erhaltungsaufwendungen in den ersten drei Jahren nach dem Immobilienerwerb die insgesamt 38.250 € übersteigen, sind hiervon 32,71 % als Anschaffungsnaher Herstellungsaufwand (Abschreiben über die Restnutzungsdauer) und 67,29 % als sofort abzugsfähige Werbungkosten zu behandeln.
Der Erwerb einer „Ruine“ / Totalsanierung / Hebung des Standards
Aufwendungen um ein nicht mehr nutzungsfähiges Mietgrundstück zur Vermietung wieder herzurichten, sind regelmäßig Anschaffungskosten und keine sofort abzugsfähige Werbungskosten.
Totalsanierung/Luxussanierung/Hebung des Standards
Totalsanierungen können auch nach Ablauf der 3-Jahresfrist zu Herstellungsaufwand anstatt dem gewünschten sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand führen. Hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Entscheidend ist ob im Rahmen einer einheitlichen Maßnahme es zu einer Totalsanierung oder Anhebung des Standards (Beispiel: Luxussanierung) aller drei Wesentlichen Bereiche eines Wohngebäudes kommt. Dies sind die Bereiche: Heizungs-/Sanitär, Elektroinstallation und Fenster. Die Ausführungen im BMF Schreiben v. 18.7.2003 (IV C 3 – S 2211 – 94/03 – BStBl I S. 386) gilt es hier zu beachten.
Erweiterungen/Anbauten/Dachgauben etc.
Die Schaffung von etwas Neuem führt in aller Regel nicht zu sofort abzugsfähigem Erhaltungsaufwand (war ja vorher nicht da!), sondern zu Herstellungsaufwand der über die Restnutzungsdauer des Gebäudes verteilt wird (AfA).
Insgesamt ist die Thematik nicht unkompliziert und ein fehlerhafter Ansatz kann hier zu erheblichen steuerlichen Nachteilen im Veranlagungsjahr, aber auch für die Folgezeit führen (zu niedrig ermittelte AfA-Bemessungsgrundlage). Insoweit sollte hier fachkundiger Rat eingefordert werden.
Dieter P. Gonze, Steuerberater.
8.11.2016