Allgemein
Die steuerliche (steuermindernde) Berücksichtigung von Aufwendungen ist dann gegeben, wenn die Aufwendungen einer steuerpflichtigen Einkunftsart zuzuordnen sind oder ausdrücklich, wie bei den Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen, zum Steuerabzug zugelassen sind.
Alle Einkunftsarten, wie auch die Einkunftsart „Vermietung und Verpachtung“ setzen zur steuerlichen Berücksichtigung die Erzielung von Einkünften, hier Gewinnen, voraus. Nur in diesem Fall kommt der Staat zu Steuereinnahmen. Oft sind jedoch die Handlungen nicht unternehmerisch sondern rein privat motiviert. Bei einer für den Altersruhestand interessanten Immobilie oder einem Ferienwohnsitz, werden die Verluste gerne mit Blick auf die privaten Wünsche und Lebensplanungen in Kauf genommen. Dies ist in vielen Fällen mit steuerlicher Wirkung jedoch nur bedingt möglich. In der Praxis bestehen hier bei normalen, zu vermietungszwecken erworbenen Gebäuden keine Probleme. Dies auch bei anfänglichen Verlusten. Auch eine Prognoserechnung ist hier nicht erforderlich. Anders liegt der Sachverhalt, wenn die Vermietung an Angehörige erfolgt, teilweise Selbstnutzung vorliegt oder hohe Aufwendungen aus privatem Interessen anfallen, oder auf die Weitervermietung verzichtet wird.
Nehmen wir einen Beispielfall. Herr Müller vermietet seine Eigentumswohnung an fremde Dritte. Die Aufwendungen für die Wohnung werden als Werbungskosten geltend gemacht. Bedingt durch hohe Finanzierungsaufwendungen und Abschreibungen werden in den ersten Vermietungsjahren steuerliche Verluste erzielt. Über die Totalperiode betrachtet, werden jedoch aufgrund der lfd. Tilgungen und rückläufigen Abschreibungsbeträge zu einem späteren Zeitpunkt Gewinne/Überschüsse erzielt. Die Gewinnerzielungsabsicht ist damit gegeben. Nach dem unerwarteten Auszug des letzten Mieters im März 2014, entscheidet sich Herr Müller die Wohnung zu verkaufen. Er sucht keinen neuen Mieter, da dies einer guten Verkaufbarkeit im Wege steht. Der Verkauf der Wohnung erfolgte erst im September 2015. Dies steuerfrei, da Herr Müller bereits mehr als zehn Jahre Eigentümer der Wohnung war. Die bezahlten Schuldzinsen und sonstigen Ausgaben der Wohnung kann er jedoch ab April 2014 nicht mehr steuermindernd geltend machen, da er seine Gewinnerzielungsabsicht aufgeben hat.
Die Frage der Gewinnerzielungsabsicht bei der Vermietung und Verpachtung und dies insbesondere bei Ferienwohnungen ist ein ewig andauernder Streitpunkt zwischen den betroffenen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung. Das Bayrische Landesamt für Steuern hat hierzu einen Leitfaden für die Mitarbeiter der Finanzverwaltung erlassen (Link), der auch für den interessierten Bürger zugänglich ist.
Schauen wir nachfolgend auf typische Problemfelder:
1. Problemfeld: leerstehende Wohnung
Ein immer wieder auftretendes Problem ist die Frage, inwieweit die Aufwendungen für leerstehende Wohnungen oder Gebäudeflächen steuerlich berücksichtigt werden können.
Gewinne und Verluste finden steuerliche Berücksichtigung, soweit sie einer der sieben Einkunftsarten gem. § 2 Abs. 1 EStG (Einkommensteuergesetz) zuzurechnen sind. Die Einkunftsart „Vermietung und Verpachtung“ gem. § 21 EStG führt zur Steuerpflicht der Mieteinkünfte. Die steuerpflichtigen Mieteinkünfte werden durch Ansatz der Mieteinnahmen und Abzug der Werbungskosten ermittelt. Werbungskosten sind (§ 9 EStG) Aufwendungen, die zum Erwerb, zur Sicherung und der Erhaltung der Einnahmen anfallen. Bei Mietimmobilien handelt es sich hierbei im Regelfall um Abschreibungen, Schuldzinsen und Erhaltungsaufwendungen. Bei einem Leerstand der Mietfläche kommen die lfd. Unterhaltskosten wie beispielsweise der Strom- und Brennstoffverbrauch dazu. Grundsätzlich wird bei der Vermietung von Gebäuden oder Gebäudeteilen unterstellt, dass eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, d.h. auf lange Sicht betrachtet die Einnahmen die Ausgaben überwiegen. Dies unbeschadet dem Umstand, dass in den Anfangsjahren – insbesondere bei Neubauten oder nach hohen Erhaltungsaufwendungen – jährlich negative Einkünfte also Verluste entstehen können.
Nach herrschender Rechtsprechung unterstellt die gesetzliche Regelung typisierend (BFH-Urteil v. 30. 9.1997 – IX R 80/94), dass die langfristige Vermietung und Verpachtung in der Regel letztlich zu positiven Einkünften führt. Es bedarf keiner zusätzlichen Prognoserechnung. Insoweit entfällt auch die problematische Betrachtungsweise der „Liebhaberei“ wie beispielsweise bei einem Gewerbebetrieb (Bsp. Reitstall) oder einer selbstständigen Tätigkeit (Bsp. Künstler), die zu Dauerverlusten führt. Dies gilt auch bei einer verbilligten Vermietung an Angehörige im Rahmen der Regelung des § 21 Abs. 2 EStG (minimal 66 % der ortsüblichen Miete). Grundsätzlich anders erfolgt die Betrachtung jedoch bei zeitweiser Eigennutzung der ansonsten vermieteten Flächen, wie beispielsweise bei Ferienwohnungen. Hierauf wird in diesem Artikel nicht eingegangen.
Die Verluste oder besser negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung werden mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten im gleichen Jahr, wie beispielsweise der Arbeitnehmertätigkeit (§ 19 EStG) oder aus einer freiberuflichen (§ 18 EStG) oder gewerblichen Tätigkeit (§ 15 EStG) verrechnet und führen somit direkt zu einer Steuerminderung und ggf. zu Steuererstattungen. Die Möglichkeit der Verlustverrechnung ist damit für den Steuerpflichtigen interessant. Die Erzielung von steuerlichen Verlusten begründet nach herrschender Rechtsprechung selbst keine Einkünfteerzielungsabsicht.
Leerstände von Mieträumen sind aufgrund von Mieterwechsel oder durchzuführenden Baumaßnahmen nichts Außergewöhnliches. In diesem Fall fehlt es zwar an den Mieteinnahmen, dennoch können aufgrund der weiter bestehenden Vermietungsabsicht die im Zeitraum des Leerstandes angefallenen Werbungskosten steuermindernd berücksichtigt werden. Nach erfolgreicher Mietersuche oder zügiger Beendigung der Bauarbeiten werden erneut Mieteinnahmen erzielt. Diese Regelfälle führen erfahrungsgemäß auch nicht zu ernsthaften Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung.
Problembehaftet dagegen sind Leerstände über einen längeren Zeitraum (i.d.R. mehr als drei Monate) und außergewöhnlich langandauernde Umbau- oder Reparaturmaßnahmen. Die Streitfrage, um die es in diesen Fällen geht, lässt sich wie folgt formulieren: „Hat der Steuerpflichtige alles normalerweise Übliche unternommen, um wieder Einnahmen zu erzielen oder werden der Leerstand und die damit verbundenen Verluste aus persönlichen Gründen hingenommen?“. Im letzteren Fall fehlt es damit tatsächlich an einer ernsthaften Einkünfteerzielungsabsicht. In diesen – von der Finanzverwaltung zunächst vermuteten Fällen – wird die Berücksichtigung der Verluste für die strittigen Zeiträume häufig abgelehnt. Die bisher aufgestellten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung wurde mit dem Urteil des BFH vom 11.12.2012, IX R 14/12 zusammen gefasst erneut bestätigt.
Die objektive Beweislast, dass die Vermietungsabsicht weiterhin besteht, liegt beim Steuerpflichtigen (umgekehrte Beweislast des Steuerrechts). Indizien für eine ernsthafte Vermietungsabsicht sind die Aufgabe von Anzeigen (auch online) oder die Beauftragung eines Maklers. Bei langen Leerständen gehören hierzu auch weitere ernsthafte Bemühungen. Beispielsweise die Anpassung der Miete an die Marktmiete, die Steigerung der Attraktivität der Mietsache durch bauliche Veränderungen oder Zugeständnisse an die Akzeptanz gewünschter Mieter.
Das „Misstrauen“ der Finanzverwaltung lässt sich aus vielen typischen Einzelsachverhalten erklären.
Hierzu einige Fallbeispiele:
1. Der Eigentümer eines teilweise selbst genutzten Zweifamilienhauses möchte durch die steuerliche Berücksichtigung der anteiligen Werbungskosten für die zweite Wohnung einen finanziellen Beitrag zur Finanzierung des Objektes „erwirtschaften“. Eigentlich hat er nur ungern fremde Mieter im Haus. Die Wohnung steht leer, da sich lt. seinen Angaben kein geeigneter Mieter findet (Hinweis: Mietpreis und Anforderungen an den Mieter zu hoch). Es besteht keine ernsthafte Vermietungsabsicht. Je nach Einzelfall kann es sich um Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) oder ggf. einen Steuerhinterziehungstatbestand (§ 370 AO) handeln.
2. Der Eigentümer sucht nicht nach einem neuen Mieter, sondern versucht das Objekt zu verkaufen. Dies funktioniert bei einem Leerstand erfahrungsgemäß besser. Dennoch möchte er gerne die laufenden Objektkosten zur Minderung seiner Steuerlast nutzen. Dies geht nicht, da er die Absicht zur Erzielung von Mieteinkünften gem. § 21 EStG aufgegeben hat.
3. Wie Fall 2, jedoch findet der Eigentümer keinen Käufer und vermietet das Objekt nach rund 12 Monaten Leerstand erneut. Hier ist im Einzelfall zu prüfen zu welchem Zeitpunkt die Aufgabe der Vermietungsabsicht und zu welchem Zeitpunkt die Wiederaufnahme der Vermietungsabsicht erfolgte. Werbungskosten können dann nur für den Zeitraum steuerlich geltend gemacht werden, in dem die Vermietungsabsicht bestand. Die Beweislast liegt beim Steuerpflichtigen.
4. Der Eigentümer hat nach dem letzten Mieterauszug buchstäblich „die Nase voll“. Er will die leerstehende Wohnung zunächst nicht vermieten und denkt darüber nach, diese in einigen Jahren seiner Tochter zu überlassen. Die anteiligen Aufwendungen für die Wohnung möchte er jedoch weiterhin steuermindernd geltend machen. Auch hier wurde mit dem Auszug des bisherigen Mieters die Vermietungsabsicht aufgegeben. Die Aufwendungen können nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden.
5. Der Eigentümer renoviert nach dem letzten Mieterauszug die Wohnung selbst. Da er beruflich sehr engagiert ist, geht dies nur schleppend voran und dauert über Monate. Weil er finanziell auf die Miete nicht angewiesen ist, kümmert ihn dies nicht. Hier ist im Einzelfall zu prüfen, inwieweit unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten und bei einer unterstellten ernsthaften Vermietungsabsicht der Sachverhalt einzustufen ist. Soweit für den „Bauverzug“ keine wirtschaftlichen Gründe, sondern nur private Gründe sprechen, kann ebenso die zeitweilige Aufgabe der Vermietungsabsicht unterstellt werden.
6. Nach 10 Jahren zieht der „geliebte“ Mieter aus. Der Eigentümer sucht nach einem Neuen. Dies scheitert jedoch meist an der zu hohen Miete und den Ansprüchen an die Mieter bzw. das geduldete Verhalten des Mieters. Auch hier ist, soweit sich kein neuer Mieter innerhalb einer üblichen Zeit finden lässt (ca. drei bis sechs Monate), davon auszugehen, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt die Vermietungsabsicht aus persönlichen Gründen aufgegeben wurde. Der Eigentümer ist nicht bereit die Mietsache zu den Marktbedingungen zu vermieten. In diesem Fall nutzt es auch nichts, wenn lfd. Mietanzeigen aufgegeben werden.
Fazit:
Nach Beendigung eines Mietverhältnisses prüft die Finanzverwaltung bei andauerndem Leerstand regelmäßig, ob die Vermietungsabsicht weiterhin besteht. Der Steuerpflichtige trägt hier die objektive Beweislast. Je nach Dauer des Leerstandes steigen die Anforderungen. Die Aufgabe der Vermietungsabsicht kann auf einen bestimmten Zeitpunkt festgestellt werden. Sie entfaltet damit keine Rückwirkung auf den vorangegangenen Zeitraum.
Der Bundesfinanzhof hat in den Leitsätze der BFH-Entscheidung vom 11.12.2012 IX R 14/12 den Stand der bisherigen Rechtsprechung zusammengefasst:
Aufwendungen für eine, nach Herstellung, Anschaffung oder Selbstnutzung leerstehende Wohnung, können als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige die Einkünfteerzielungsabsicht hinsichtlich dieses Objekts erkennbar aufgenommen und sie später nicht aufgegeben hat. Aufwendungen für eine Wohnung, die nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung leer steht, sind auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat. Im Einzelfall kann ein besonders lang andauernder Leerstand – auch nach vorheriger, auf Dauer angelegter Vermietung – dazu führen, dass eine vom Steuerpflichtigen aufgenommene Einkünfteerzielungsabsicht ohne sein Zutun oder Verschulden wegfällt. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit von Vermietungsbemühungen als Voraussetzung einer (fort-)bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast.
Handlungsempfehlung:
Leerstehenden Wohnraum frühzeitig am Markt durch Anzeigen anbieten. Einen lfd. Nachweis zu aufgegebenen Anzeigen führen, dies insbesondere bei kostenlosen Anzeigen in Online-Portalen etc. (Beispielsweise durch Ausdruck der Anzeige). Alle ortsüblichen Maßnahmen ergreifen, die für eine Mietersuche hilfreich sind. Denkbare Maßnahmen (je nach Dauer des Leerstandes)
- Anzeigenaufgabe in Onlineportalen (Beispiel: immoscout24)
- Aushänge in Läden etc. (am besten fotografieren)
- Anzeigenaufgabe in örtlichen Zeitungen
- Anpassung der Miete an die ortsübliche Miete
- Beauftragung eines Maklers
- Durchführung von Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Mietsache
Hinweis:
In vielen Fällen geht die Finanzverwaltung anfänglich von einem Fortbestehen der Einkünfteerzielungsabsicht aus und wartet zunächst einige Jahre ab. Kommt die Finanzverwaltung dann zur Erkenntnis, dass von Anfang an oder von einem bestimmten Zeitpunkt an, keine Vermietungsabsicht mehr vorlag, so werden die Steuerbescheide rückwirkend geändert. Dies führt zu Steuernachforderungen und zusätzlichen Zinsbelastungen gem. § 233a AO. In vielen Fällen erfolgte im Vorfeld bereits der Erlass von Steuerbescheiden unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO). Aber auch eine Änderung bestandskräftiger Bescheide wegen „Neuer Tatsachen“ (§ 173 AO) ist möglich.
Teilweise lehnt die Finanzverwaltung den Werbungskostenabzug recht frühzeitig und u.E. ganz oder teilweise unbegründet ab. Gegen überzogene Anforderungen des Finanzamtes muss man sich wehren. Hier ist fachkundiger Rat und die Vorlage einer schlüssigen Argumentation gefragt.
2. Problemfeld: langandauernden Hausrenovierungen
Es kommt nicht selten vor, dass eine leerstehende, renovierungsbedürftige Immobilie vom Eigentümer selbst hergerichtet wird, um dann, nach erfolgreicher Renovierung Mieteinkünfte zu erzielen. In diesem Fall handelt es sich bei den Reparaturaufwendungen um vorweggenommene Werbungskosten, soweit ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang mit den später zu erzielenden Mieteinkünften besteht. Der Hauseigentümer muss den festen Entschluss gefasst haben, Vermietungseinkünfte zu erzielen und die notwendigen Renovierungsmaßnahmen zielgerichtet durchführen. Problematisch wird dies, wenn sich die Renovierung über einen längeren Zeitraum hinzieht.
Die Finanzverwaltung sichert sich hier regelmäßig mit einem Vorbehalt nach § 164 AO auf den Steuerbescheiden ab. Kommt es später zu keiner Vermietung, werden die Bescheide rückwirkend geändert.
Die Frage der Ernsthaftigkeit einer Renovierung zu Vermietungszwecken hängt auch von den wirtschaftlichen Gesamtumständen ab. Führt die Durchführung der Renovierungsarbeiten, trotz zeitlicher Verzögerung und Mietausfällen, zu einem besseren wirtschaftlichen Ergebnis, als bei Beauftragung eines Unternehmens, ist auch eine Einkünfteerzielungsabsicht zu unterstellen. Zieht sich jedoch die Renovierung lange hin und die Mietausfälle werden billigend in Kauf genommen, so handelt es sich hier um „Liebhaberei“, also fehlende Gewinnerzielungsabsicht und der Werbungskostenabzug ist nicht möglich.
(vergl. FG Niedersachsen 11 K 12069/08 v 06.05.2010)
Dieter P. Gonze, Steuerberater
3.9.2015