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Die Frage, ob eine Verpflichtung besteht ein Kassenbuch zu führen, bewegt bereits den Existenzgründer und Kleingewerbetreibenden. Im Internet werden hierzu die vielfältigsten Feststellungen getroffen. Im Groben gilt die Regel, dass nicht buchführungspflichtige Gewerbetreibende, Unternehmer, Freiberufler etc. formal zunächst nicht verpflichtet sind, ein Kassenbuch zu führen (BFH-Beschluss vom 16.2.2006 X B 57/05).
Klären wir zunächst wer buchführungspflichtig ist und damit bereits nach den allgemeinen Buchführungsvorschriften verpflichtet ist, ein Kassenbuch zu führen. Die allgemeinen Buchführungspflichten sind in § 141 AO geregelt. Gewerbetreibende unterliegen demnach bei einem Umsatz von mehr als 800.000 € (bis 2023: 600.000 €) oder einem Jahresgewinn von mehr als 80.000 € (bis 2023: 60.000 €) bereits den allgemeinen Buchführungspflichten unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (§§ 146 AO). Diese Regelungen gelten jedoch nicht für Angehörige der freien Berufe (§ 18 EStG Abs. 1 Nr. 1), die ihren Gewinn unabhängig vom Umsatz im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln können. Wird das Gewerbe in der Rechtsform eines eingetragenen Kaufmanns, einer Kapitalgesellschaft (GmbH) oder Handelsgesellschaft (OHG, KG) betrieben, besteht bereits aus anderen Gesetzesvorschriften eine uneingeschränkte Buchführungspflicht (§ 5 Abs. 1 EStG, §238 HGB) . Das Gleiche gilt für besondere Aufzeichnungspflichten, die sich aus anderen Gesetzesvorschriften, wie beispielsweise dem Umsatzsteuerrecht ergeben (§ 22 UStG). Auch spezielle Vorschriften für bestimmte Branchen wie dem Hotel- und Beherbergungsgewerbe, Apotheken, Taxigewerbe etc. können weitergehende Aufzeichnungspflichten beinhalten, die im konkreten Einzelfall zu prüfen und zu beachten sind. Bestehen Aufzeichnungspflichten aus anderen Vorschriften, sind diese auch bei Ermittlung der Einkommensteuer zu beachten und können dem Finanzamt nicht vorenthalten werden (BFH v. 2.9.2008, V B4/08, BFH 25.10.2012 – X B 133/11 u.a.).
Die Frage des Unternehmers: „Muss ein Kassenbuch geführt werden?“ ist damit sorgfältig zu prüfen. Kommt man zum Ergebnis, dass formal keine Verpflichtung zur Führung eines Kassenbuches besteht und handelt danach, kann dies eine Reihe anderer unangenehmer Folgen mit sich bringen. Bestehen beispielsweise im Rahmen einer Betriebsprüfung Zweifel an der ordnungsgemäßen Erfassung der Barzahlungsvorgänge, führt dies erfahrungsgemäß zu Schätzungen (§ 162 AO) seitens der Finanzverwaltung. Es kommt zu zähen Auseinandersetzungen zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung und hier kann sich im Einzelfall die Beweislast schnell umkehren. Das heißt, der Steuerpflichtige muss beispielsweise belegen, dass seine Bareinnahmen tatsächlich nicht höher waren, als vom Finanzamt im Wege einer sachgerechten Schätzung ermittelt wurden. Wie soll dies in der Praxis ohne ordnungsgemäße Kassenaufzeichnungen passieren? In den meisten Fällen ist es bereits aus Gründen der Beweiskraft sinnvoll, die erforderlichen Aufzeichnungen durchzuführen.
Schauen wir nun auf die vier häufigsten Fallkonstellationen in der betrieblichen Praxis und den Lösungsmöglichkeiten hierzu:
Fall 1: Keine Buchführungspflicht und nur gelegentliche Bargeschäfte
Das bestehen keiner Buchführungspflicht implementiert natürlich nicht, dass keine Nachweise zu den Einnahmen und Ausgaben zu führen sind. Ohne spezielle Aufzeichnungspflichten kommt es auf eine ordnungsgemäße Belegführung (Nachweis durch Vorlage von Belegen) an. Der Ausgabebeleg, die Quittung aus der unzweifelhaft der Zahlungsempfänger, die erbrachte Leistung und das Leistungs-/Zahlungsdatum zu erkennen sind, ist hier gefordert.
Unternehmer, die nur gelegentlich Bargeschäfte ausführen und ihre Belege in der Brieftasche mit sich tragen, brauchen kein Kassenbuch zu führen oder dies nachträglich zu konstruieren. Soweit Aufzeichnungen mit einem Buchhaltungsprogramm erfolgen, sollte auch nicht gegen das Kassenkonto sondern gegen die Einlage- und Entnahmekonten des nicht buchführungspflichtigen Unternehmers gebucht werden. Bareinnahmen aus Ausgangsrechnungen sollten auf dem Beleg und der Kopie quittiert werden. Bei umsatzsteuerpflichtigen Unternehmern ist zu prüfen, ob sich weitere Aufzeichnungspflichten nach § 22 UStG ergeben. In diesem Fall sind die Einnahmen getrennt nach Steuersätzen aufzuzeichnen, eine Rechnungskopie vorzuhalten und das Zahlungsdatum zu vermerken. Die Rechnung selbst muss den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes entsprechen (§ 14 UStG).
Fall 2: Keine Buchführungspflicht und regelmäßige Bargeschäfte
Bei regelmäßigen Bargeschäften sollten exakte und vertrauenswürdige Aufzeichnungen zu den Bareinnahmen und Barausgaben getätigt werden. Zahlungen per EC-Karte zählen nicht zu den Bargeschäften und sind mit den Bankkontoauszügen zu erfassen. Für die Aufzeichnung der Bargeschäfte bieten sich – je nach Unternehmen – verschiedene Alternativen an:
A – Der Kassensturz / Tagesbericht
Werden die Barmittel in einer Kasse (Geldkassette) vorgehalten und nicht über die Geldbörse des Unternehmers abgewickelt, können die Tageseinnahmen und Barausgaben mittels eines s.g. Kassensturzes ermittelt und auf einem Berichtsblatt (Tagesbericht) festgehalten werden.
Beispiel:
Kassenendbestand am Ende des Tages: | 350 € |
abzüglich Kassenanfangsbestand/Einlage Wechselgeld: | 50 € |
zuzüglich Barausgaben lt. in der Kasse liegenden Ausgabenbelegen: | 80 € |
Tageseinnahme/-umsatz = (350 – 50 + 80) = | 380 € |
Als Einnahmennachweis dient dann der tägliche Kassenbericht und als Ausgabennachweis der einzelne Ausgabebeleg. Dies setzt allerdings zwingend voraus, dass für Barentnahmen (Beispiel: Privatentnahme) und Bareinlagen (Beispiel Wechselgeld) für die kein Fremdbelege vorliegen, Eigenbelege (Beispiel: Gem. Quittungsblock) angefertigt werden. Ansonsten ist eine retrograde Ermittlung der Tageseinnahmen nicht möglich. Als Nachweis für den tatsächlich gezählten Bargeldbestand am Ende des Tages ist auch ein Zählprotokoll hilfreich, aus dem die Art und Anzahl der Scheine und Münzen hervorgeht.
Insbesondere bei vielen Kleinbeträgen ist es komfortabel, die Einnahmen nicht einzeln aufzeichnen zu müssen. Dieses Verfahren reicht nicht, wenn aus anderen Vorschriften (Gewerbeordnung, Umsatzsteuerrecht u.a.) heraus die Einnahmen einzeln aufzuführen und ggf. der Leistungsnehmer namentlich zu erfassen ist (Beispiel: Beherbergungsgewerbe, Taxiunternehmer, Gebrauchtwagenbuch beim Autohändler).
Es kann jedoch zweckmäßig durch Führung eines Quittungsblocks/Rechnungsbuches ergänzt werden, aus dem die fehlenden Angaben dann schlüssig zu entnehmen sind. Alternativ: Anstatt dem Tageskassenbericht wird ein Einnahmenquittungsblock mit Durchschreibeexemplar geführt. Die Ausgaben werden an Hand der Belege ermittelt.
Wichtig: Eine hohe Beweiskraft haben durchnummerierte Rechnungs-/Quittungsblocks. Fehlbelege sollten dann als Nachweis für die fehlenden Nummern aufbewahrt werden.
B – Das Kassenbuch aus dem Bürofachhandel
Kassenbücher, Kassentagesberichte etc. werden von den Fachverlagen über den Bürofachhandel oder das Internet angeboten. Gut ist, was sich im konkreten Einzelfall als zweckmäßig erweist. Gebundene Kassenbücher mit Durchschreibesatz und Ausweis des lfd. Kassenbestandes haben eine hohe Beweiskraft. Das Eintragen jedes einzelnen Beleges kann bei einer Vielzahl von Bargeschäften lästig sein und führt häufig zu Schreib- und Übertragungsfehlern (Minusbeständen u.a.). Wichtig: Korrekturen immer nachvollziehbar sichtbar machen. Also gerade nicht durch Übermalen (tipp-ex) unkenntlich machen.
C – Sonstige Aufzeichnungen
Ohne Bestehen einer Buchführungspflicht oder weiterer besonderer Aufzeichnungspflichten (Beispiel Schichtbuch beim Taxiunternehmer), kann die Aufzeichnung von Bargeschäften auch in jeder anderen beliebigen zweckmäßigen Form erfolgen. Dies durch Sammeln der Belege in einem Ordner für die Bargeschäfte und dem Führen von Excel-Tabellen. Wichtig: Je einfacher die Aufzeichnungen manipulierbar oder nachträglich veränderbar sind, desto geringer ist die Beweiskraft im Streitfall mit dem Fiskus. Es muss schlüssig nachvollziehbar sein, dass im Tagesgeschäft alle Einnahmen tatsächlich erfasst und damit einer Besteuerung unterzogen werden können.
Fall 3: Buchführungspflicht und nur gelegentliche Bargeschäfte
Soweit wegen der äußerst geringen Häufigkeit von Bargeschäften tatsächlich keine Barkasse geführt wird, sollten bare Vorgänge über das Verrechnungskonto des Unternehmers bzw. die Einlage- oder Entnahmekonten abgewickelt werden. Der Geschäftsvorfall ist jedoch belegmäßig, ggf. mit Eigenbeleg, abzubilden, um ihn jederzeit nachvollziehen zu können. Zweckmäßig ist es auch, Bareinnahmen auf einen Rechnungsbetrag am gleichen Tag auf das Geschäftskonto unter Angabe des Zahlers etc. einzuzahlen. Besteht eine Handkasse (Geldkassette) ist es zweckmäßig, ein gebundenes Kassenbuch wie im Fall 2 unter B beschrieben zu führen und regelmäßig abzustimmen.
Fall 4: Buchführungspflicht und regelmäßige Bargeschäfte
Alle Unternehmen mit regelmäßigen Bargeschäften unterliegen der besonderen Aufmerksamkeit der Finanzverwaltung. Erfahrungsgemäß kommt es in diesen Branchen zu den häufigsten Umsatz-/Einnahmenmanipulationen. Wurde der Wahrheitsgehalt der Aufzeichnung des Unternehmers erst einmal erschüttert, sind den Schätzungsbegehren des Fiskus Tür und Tor geöffnet. Die Tendenz ist hier steigend.
Nach § 145 Abs. 1 AO (Abgabenordnung) müssen die Aufzeichnungen so beschaffen sein, dass ein sachkundiger Dritter in angemessener Zeit sich einen Überblick über die Bargeschäfte verschaffen kann. Die Vorschrift umfasst auch die Verpflichtung zum belegmäßigen und damit nachvollziehbaren Nachweis der Geschäftsvorfälle. Die Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind gem. § 146 Abs. 1 AO täglich aufzuzeichnen.
Bis dato besteht keine Pflicht zur Einführung einer Registrierkasse. Eine Ermittlung der Einnahmen wie hier im Fall 2 und A und B durch Führung eines Tageskassenberichts + Kassenbuches beschrieben ist demnach zulässig.
Je nach Betriebsgröße erleichtern elektronische Kassensysteme die kaufmännische Abwicklung in den Betrieben (Beispiel: Gastronomie) erheblich und sind im Alltag heute unverzichtbar. Für den Unternehmer gilt es, gängige und anerkannte elektronische Kassensysteme zu nutzen, die auch vom Personal beherrscht werden. Die Betriebsprüfer sind mit den gängigsten Kassensystemen vertraut.
Hinweis: Bei dem Einsatz von Registrierkassen sollten die Tagesendsummenbons (Z-Bon, d.h. to zero: auf Null stellen) zu den Belege genommen werden.
Die Erfassung der Bargeschäfte in Registrierkassen/elektronischen Registrierkassen muss lückenlos nachgewiesen werden bzw. sich aus der Arbeitsablauforganisation des Unternehmens zwangsläufig ergeben. Diese sollte entsprechend dokumentiert werden (Beispiel: Gastro-Betrieb). Die Übertragung der Daten aus den Registrierkassensystemen in manuell geführte Kassenbücher und das anschließende Löschen der Aufzeichnungen im Kassensystem ist unzulässig und kann zu einem Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung führen.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen neue Kassensysteme über eine vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifzierte Sicherheitseinrichtung verfügen. Diese soll u.a. folgende Vorgaben erfüllen:
1. alle Kasseneingaben sind protokolliert und nicht manipulierbar,
2. alle Einzelaufzeichnungen auf dem Speichermedium müssen für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist gespeichert werden,
3. ein Schnittstelle zur reibungslosen Datenübertragung zu Prüfungszwecken muss vorhanden sein.
Jeder ordentliche Geschäftsmann sollte dafür Sorge tragen, dass seine Aufzeichnungen zu den Bargeschäften nachvollziehbar und schlüssig sind und den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Dies bereits aus dem Eigeninteresse als Schutz vor einem Erklärungsnotstand gegenüber und den Schätzungsbegehren der Finanzverwaltung.
Konkretes besprechen Sie mit Ihrem Berater.
Merkblatt Kassenbuchführung (IHK)
Link: Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen
Stand: Januar 2024