Die Höhe des Lohnsteuerabzugs bei der Lohn und Gehaltsabrechnung und Maßnahmen zur Vermeidung von finanziellen Verlusten für Arbeitnehmer:
Die monatliche Lohnsteuerbelastung bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung von Arbeitnehmern, ist neben den Sozialversicherungsbeiträgen und sonstigen Abzügen, entscheidend für die Höhe des monatlich verbleibenden Nettolohns eines Arbeitnehmers. Ein fehlerhafter, oder wegen versäumter Geltendmachung von monatlichen Freibeträgen zu hoher monatlicher Lohnsteuerabzug, hat teilweise irreparable Auswirkungen. Ist der monatliche Lohnsteuerabzug zu niedrig, führt dies im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung (Abgabe einer Einkommensteuererklärung / Pflichtveranlagung) zu einer Steuernachforderung durch das Finanzamt. Ist der monatliche Lohnsteuerabzug zu hoch, führte dies im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung (ggf. Freiwillige Abgabe einer Einkommensteuererklärung / Antragsveranlagung) zu einer Steuererstattung durch das Finanzamt. Insoweit können Fehler beim monatlichen Lohnsteuerabzug mit Blick auf die Belastung mit Lohn/Einkommensteuer, dem Solidaritätszuschlag und einer etwaigen Kirchensteuer, durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung im Nachhinein vollständig beseitigt werden.
Ganz anders sieht dies bei Leistungen anderer Leistungsträger aus, die sich ausschließlich am monatlichen, oder am durchschnittlich monatlichen Nettolohn eines Arbeitnehmers orientieren. Hier kommt es in vielen Fällen zu finanziellen Verlusten bei einem zu hohen monatlichen Lohnsteuerabzug. Beispiel: ein Leistungsträger zahlt im Leistungsfall 60 % des bisherigen Nettolohns. Beträgt der Nettolohn monatlich 1000 €, werden vom Leistungsträger monatlich 600 € gezahlt. Wäre der Nettolohn, unter Berücksichtigung der richtigen Steuerklasse und möglicher Freibeträge monatlich 1200 €, so würde der Leistungsträger im Beispielfall monatlich 720 € bezahlen. Ein finanzieller Nachteil bei 12 Monaten von 1440 € der auch nicht durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung ausgeglichen werden kann, da sich der Leistungsträger in vielen Fällen am monatlichen Nettoeinkommen nach der Lohngehaltsabrechnung und nicht am Jahreseinkommen auf Grundlage eines Einkommensteuerbescheides orientiert.
Um welche Leistungen/Leistungsträger kann es sich denn hier im konkreten Einzelfall handeln?
Hier kommen in der Praxis eine Vielzahl unterschiedlicher Leistungsträger infrage.
Wichtig: Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob bei absehbarem Leistungsanspruch des Arbeitnehmers, bereits mit dem jetzigen monatlichen Nettolohn der Höchstbetrag möglicher Leistungen erreicht wurde. Ist dies nicht der Fall, sollten mit steuerlich fachkundigem Rat alle Möglichkeiten ausgelotet werden.
Nun einige Beispiele für mögliche Leistungsträger: Beginnen wir mit der Bundesanstalt für Arbeit, die das Arbeitslosengeld im Leistungsfall bezahlt und sich hierbei am bisherigen monatlichen Nettolohn des Arbeitnehmers orientiert. Das Gleiche gilt für gewährte Unterstützungsgelder/Überbrückungsgelder und das Krankengeld der gesetzlichen Krankenversicherung und auch das Krankentagegeld privat versicherter Arbeitnehmer. Auch die Höhe des Elterngeldes ist von der durchschnittlichen Höhe des monatlichen Nettoeinkommens des Elternteils/Arbeitnehmers abhängig.
Der monatliche Nettolohn bildet in vielen Vereinbarungen/Verhandlungen bei der Gewährung von Beihilfen, der Vereinbarung von Arbeitnehmerabfindungen und Überbrückungsgelder bis zum Renteneintritt, eine entscheidende Rolle. Auch Schadensersatzleistungen, die an einen Arbeitnehmer geleistet werden müssen, der ganz oder teilweise in seiner Arbeit eingeschränkt ist und einen Schadensersatzanspruch gegenüber einem Dritten hat, orientieren sich in den meisten Fällen am monatlichen Nettoeinkommen.
Dass das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen sich, zu mindestens rechnerisch, nach Erhalt einer hohen Steuererstattung durch Abgabe der Einkommensteuerjahreserklärung erhöht, hilft am Ende nichts. In den meisten Fällen wird hieraus kein weiterer Anspruch auf höhere Leistungen gegenüber den genannten Leistungsträgern im Nachhinein begründet.-
Welche Faktoren sind nun für den monatlichen Abzug von Lohnsteuer, dem Solidaritätszuschlag und der Kirchensteuer maßgeblich?
Viele Arbeitnehmer werden sich noch an die alte Lohnsteuerkarte erinnern. Diese beinhaltete alle Informationen für den Arbeitgeber zur Berechnung des monatlichen Lohnsteuerabzugs. Mit Wirkung zum 1. Januar 2013 wurde diese Lohnsteuerkarte durch die sogenannte elektronische Lohnsteuerkarte abgelöst. Arbeitnehmer die eine Beschäftigung aufnehmen benötigen seit dieser Zeit keine Lohnsteuerkarte mehr, sondern es reicht die Angabe der persönlichen Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-ID) beim Arbeitgeber. Die Steuer-ID erhält jeder in Deutschland gemeldete Bürger von seiner Wohnsitzgemeinde automatisch. Unter der persönlichen Steuer-ID des Arbeitnehmers werden beim Bundesamt für Finanzen alle relevanten Daten für den monatlichen Lohnsteuerabzug geführt. Der jeweilige Arbeitgeber kann dann auf diese Daten zugreifen, um diese bei der monatlichen Lohnsteuerabrechnung zu berücksichtigen. Die Daten werden in der Datenbank ELStAM (elektronische Steuerabzugsmerkmale) verwaltet.
Welche Daten sind dort gespeichert? Hier die Aufzählung der wichtigsten Daten: Identifikationsnummer, Familienname, frühere Namen, Vornamen, Doktorgrad, Tag und Ort der Geburt, Geschlecht, Anschrift, zuständiges Finanzamt, Übermittlungssperren, Sterbetag, Religionsgemeinschaft sowie das Ein- und Austrittsdatum hierzu, Familienstand wie dem Tag der Begründung oder Auflösung, Identifikationsnummer des Ehegatten, Kinder mit ihrer Identifikationsnummer, Steuerklassen, Kinderfreibeträge, Steuerfreibeträge, Höhe der Beiträge für eine private Kranken und Pflegeversicherung u.a.
Es stellt sich nun die Frage, wie diese Daten gepflegt/aktualisiert werden? Für die Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale ist das Wohnsitzfinanzamt des Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt der Antragstellung zuständig. Die melderechtlichen Daten, wie die Änderung der Wohnanschrift, die Geburt eines Kindes, Heirat, die Kirchenzugehörigkeit etc. werden automatisch von der Meldebehörde (Ordnungsamt) der Wohnsitzgemeinde übermittelt.
Bei neu verheirateten Arbeitnehmern wird hier automatisch die Steuerklassenwahl IV/V (4 /4) unterstellt. Die Änderung der Steuerklasse, die Eintragung besonderer Freibeträge etc. muss vom Steuerpflichtigen, oder besser seinem steuerlichen Berater, bei dem zuständigen Finanzamt beantragt werden. Hierzu hält das Bundesamt für Finanzen unter www.formulare-bfinv.de entsprechende Formulare bereit (Antrag auf Lohnsteuerermäßigung, Antrag auf Änderung der Steuerklasse bei Ehegatten). Zugriff auf die Datenbank haben das zuständige Wohnsitzfinanzamt, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, der die Daten zu Kontrollzwecken überprüfen kann.
Welche konkreten Dinge sind nun für die Höhe des monatlichen Lohnsteuerabzugs entscheidend?
Beginnen wir mit der Steuerklasse. Ledige Arbeitnehmer erhalten die Steuerklasse I. Das gleiche gilt für verheiratete Arbeitnehmer die sich vor dem 1. Januar des laufenden Jahres von ihrem Ehepartner/Lebenspartner getrennt haben, oder wenn der Ehegatte im Ausland lebt, oder bereits seit mehr als einem Jahr verstorben ist. Alleinstehende / alleinerziehende Arbeitnehmer mit einem Kind (im steuerlichen Sinne) erhalten die Steuerklasse II. Die Steuerklasse II berücksichtigt den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und führt damit zu einem niedrigeren monatlichen Lohnsteuerabzug, bzw. höheren monatlichen Nettolohn als die Steuerklasse I. Bei Ehegatten/eingetragene Lebenspartner bestehen Wahlmöglichkeiten bei der Steuerklasse, die für die Höhe des monatlichen Nettolohnes entscheidend sind. Ehegatten (ebenso eingetragene Lebenspartner) können zwischen der Steuerklassenkombination IV/IV (4/4) und III/V (3/5) wählen. Die Steuerklasse III, die Steuerklasse mit dem geringsten Lohnsteuerabzug, wird auf Antrag für einen Ehegatten bei Wahl der Ehegatten Zusammenveranlagung ausgestellt.
Der Regelfall ist hier, der alleinverdienende Ehegatte, der mit der Steuerklasse III beide Grundfreibeträge der Ehegatten steuermindernd berücksichtigt und damit mit einem deutlich geringeren Lohnsteuerabzug als bei der Steuerklasse IV belastet wird. Soweit der andere Ehegatte auch Arbeitnehmereinkünfte erzielt, erhält dieser die Steuerklasse V. Dies macht nur Sinn, soweit die Ehegatten Einkünfte aus Arbeitslohn deutlich differieren. Das bedeutet, dass ein Ehegatte ein deutlich höheres Arbeitnehmereinkommen erzielt als der andere. Der Ehegatte, mit dem deutlich höheren Monatslohn, erhält demgemäß die Steuerklasse III und der andere Ehegatte die Steuerklasse V. Die Steuerklasse V führt grundsätzlich, systembedingt, zum falschen Lohnsteuerabzug. Dieser wird dann im Rahmen der Pflichtveranlagung zur Einkommensteuer durch die Einkommensteuerveranlagung ausgeglichen. In der Praxis bedeutet dies eine Steuernachzahlung oder eine Steuererstattung.
Tipp: Droht dem Arbeitnehmer-Ehegatten mit der Steuerklasse V Arbeitslosigkeit oder ist er von einer wahrscheinlich länger andauernden Krankheit betroffen, so sollte hier frühzeitig auf eine günstigere Steuerklasse (III oder IV) gewechselt werden, um die höchstmögliche Nettolohnentschädigung zu erhalten.
Soweit die Ehegatten über ein annähernd gleich hohes Einkommen aus Arbeitslohn verfügen, ist die Steuerklasse IV (4) zu empfehlen. Die Steuerklasse IV ist mit dem Lohnsteuerabzug der Steuerklasse I identisch. Interessant ist auch die Wahl der Steuerklasse IV / Faktor für beide Ehegatten. In diesem Fall wird der Lohnsteuerabzug unter Berücksichtigung der unterschiedlich hohen Einkünfte der Arbeitnehmer anteilig berechnet. Der Faktor wird durch das Wohnsitzfinanzamt ermittelt und eingetragen. Ein hohes Nachzahlungsrisiko für den Bürger, wie bei der Steuerklassenkombination III/V wird hierdurch vermieden. Auch fühlen sich die Ehegatten/Lebenspartner bei dieser Lohnsteuerklassenwahl in Bezug auf ihre Lohnbesteuerung gerechter behandelt. Auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums (bmf-steuerrechner.de) kann die Faktorberechnung für gemeinsam veranlagte Ehepartner, Lebenspartner nachvollzogen werden.
Wichtig: Auch bei der Wahl des Faktorverfahrens besteht die Verpflichtung zur Abgabe einer jährlichen Einkommensteuererklärung.
Sehr viel Konfliktpotenzial entsteht, wenn bisher zusammenveranlagten Ehegatten sich im Laufe des Jahres getrennt haben. Ab dem 1. Januar des Folgejahres nach der Trennung ist nur noch die Steuerklasse I möglich. Ist die Trennung dem Finanzamt nicht bekannt und erfolgt auch pflichtwidrig keine Mitteilung an das Finanzamt, so kommt es in der Praxis vor, dass automatisch weiterhin für einen Ehegatten die Steuerklasse III bei der Lohnabrechnung berücksichtigt wird. Dies führt im Nachhinein zu erheblichen Steuernachzahlungen und Streitigkeiten zwischen den Ehegatten im Rahmen ihrer Trennung. Insoweit ist es sinnvoll bereits im Trennungsfall die Steuerklassenwahl möglich einvernehmlich zu klären.
Die Steuerklasse VI (6) erhalten die Arbeitnehmer für ein weiteres Arbeitsverhältnis. Darüber hinaus findet die Steuerklasse VI Anwendung, soweit dem Arbeitgeber keine Lohnsteuerabzugsmerkmale vorgelegt/übermittelt wurden. Auch in diesem Fall besteht für den Arbeitnehmer die Verpflichtung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung. Die steuerliche Berücksichtigung von Kindern die im Laufe des Jahres geboren werden führt zu einer geringeren Belastung mit dem Solidaritätszuschlag und der Kirchensteuer. Auch hier kann ein zeitnaher Nachtrag zu einem höheren monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen führen. An dieser Stelle der neutrale Hinweis, dass auch die Kirchenzugehörigkeit insbesondere beim absehbaren Erhalt von hohen Arbeitnehmererfindungen für das verbleibende Nettoeinkommen bedeutsam ist.
Bisher bei der monatlichen Lohnsteuerabrechnung nicht berücksichtigte Freibeträge können durch die Stellung eines Antrages auf Lohnsteuerermäßigung berücksichtigt werden. Hierbei kann es sich um Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Verluste aus anderen Einkunftsarten oder beispielsweise dem Körperbehindertenfreibetrag handeln.
Fazit: Die Überprüfung der Steuerklasse und die frühzeitige Berücksichtigung von steuermindernden Sachverhalten durch die Nutzung von Freibeträgen beim Lohnsteuerabzug, macht in jedem Fall Sinn, wenn erwartete Leistungen anderer Leistungsträger sich am monatlichen Nettoeinkommen orientieren und hierbei die Höchstbeträge noch nicht ausgeschöpft sind. Wird dies außer Acht gelassen, entstehen im Einzelfall erhebliche finanzielle Nachteile.
Autor: Dieter P. Gonze, Steuerberater