Betrieblich genutzte Grundstücke können in bestimmten Fallkonstellationen zu erheblichen steuerlichen, oder konkreter, finanziellen Risiken führen. Im schlechtesten Fall werden erhebliche Steuern fällig, ohne dass dem Bürger ein entsprechender Vermögenszuwachs oder Gewinnvorteil entstanden ist. Die Materie ist kompliziert und für den steuerlichen Laien in vieler Hinsicht unverständlich. Nachfolgende Information sollen dem Leser einen groben Überblick in den Themenkomplex verschaffen und ihn für das Erkennen kritischer Fallkonstellationen sensibilisieren.
Schauen wir auf den Einzelunternehmer (Freiberufler, Selbstständiger, Gewerbetreibender), seinem betrieblich genutzten Grundstück, der Frage was gehört zum notwendigen Betriebsvermögen und den Folgen hieraus. Der Begriff des „Betriebsvermögens“ ist gesetzlich nicht definiert. Nach der herrschende Rechtsprechung des Handels- und Steuerrechts und den Anweisungen des Finanzministeriums an die Mitarbeiter der Finanzverwaltung in Form der Einkommensteuerrichtlinien (EStR R 4.2) gehören zum Betriebsvermögen eines Unternehmers alle Wirtschaftsgüter, die in seinem Eigentum sind und die er in seinen Betrieb betrieblich veranlasst angeschafft, hergestellt oder eingelegt hat (Übernahme aus dem Privatvermögen). Steuerlich wird darüber hinaus zwischen „Privatvermögen“, „gewillkürtes Betriebsvermögen“ und „notwendigem Betriebsvermögen“ unterschieden (EStR R 4.2). Zum Privatvermögen zählen alle Wirtschaftsgüter im Eigentum des Unternehmers, die zu weniger als 10 % betrieblich genutzt werden. Bei Wirtschaftsgütern, die zu mehr als 10 % aber nicht mehr als 50 % betrieblich genutzt werden, kommt es auf die individuelle Entscheidung des Unternehmers an. Ordnet er diese Wirtschaftsgüter seinem Unternehmen zu, handelt es sich steuerbegrifflich um „gewillkürtes Betriebsvermögen“.
Unter dem Begriff „notwendiges Betriebsvermögen“ werden alle Wirtschaftsgüter (soweit es sich nicht um Grundstücke handelt), die zu mehr als 50 % für eigenbetriebliche Zwecke des Unternehmers genutzt werden, gezählt. Dies unabhängig davon, ob das Wirtschaftsgut buchhalterisch im Anlagevermögen des Unternehmers erfasst wurde oder nicht. Der typische Praxisfall im Steuerrecht ist der Unternehmer, der im Laufe der Jahre sein Privatfahrzeug immer mehr zu geschäftlichen Zwecken nutzt. Anfangs werden die betrieblich angefallenen Fahrtkilometer mit der KM-Pauschale steuermindernd berücksichtigt. Spätestens ab dem Jahr, in dem die betriebliche Kilometerleistung, die mit dem Fahrzeug zurückgelegt wurde, die private Kilometerleistung übersteigt, gehört das Fahrzeug zum notwendigen Betriebsvermögen des Unternehmers. In der Folge ist das Fahrzeug in das Anlageverzeichnis des Betriebes aufzunehmen und als Betriebsausgaben sind die jährliche Abschreibung und die anfallenden übrigen Kfz-Kosten zu verbuchen. Bei einem Verkauf ist dem Veräußerungspreis der Restbuchwert gegenzurechnen und der verbleibende Betrag als Betriebseinnahme oder Betriebsausgabe (beim Veräußerungsverlust) steuerlich zu berücksichtigen. Je nach Fallkonstellation ist der Verkauf umsatzsteuerpflichtig. Die private Nutzung des nun Betriebsfahrzeuges ist dann im Rahmen der gesetzlichen Regelungen als Entnahmeeigenverbrauch zu besteuern (Fahrtenbuch oder 1-%-Regelung).
Kommen wir nun zum Grundstück, das vom Grundstückseigentümer ganz oder teilweise für betriebliche Zwecke genutzt wird. Grundstücke, Grundstücksteile, Gebäude und Gebäudeteile, die sich im Eigentum des Unternehmers befinden und ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Unternehmers genutzt werden, gehören zum notwendigen Betriebsvermögen, soweit die Geringfügigkeitsgrenze von 20.500 € überschritten wird (§ 8 EStDV – Einkommensteuer Durchführungsverordnung + R 42 EStR). Hierbei ist zu beachten, dass ein Gebäude, das teilweise eigenbetrieblich für die Zwecke des Unternehmers und teilweise privat für Wohn- oder Vermietungszwecke genutzt wird, steuerlich in mehrere Wirtschaftsgüter entsprechend ihrem Nutzungs- und Funktionszusammenhang aufgeteilt wird.
Nehmen wir zum Beispiel ein Haus mit 3 Etagen/Einheiten. Im Erdgeschoss befindet sich der Betrieb des Unternehmers, im ersten Stock wohnt er mit seiner Familie und der 2 Stock besteht aus Wohnungen, die an fremde Dritte vermietet sind. Steuerlich werden damit aus der Immobilie drei Wirtschaftsgüter, die sich im Nutzungs- und Funktionszusammenhang unterscheiden. Die Immobilie ist damit entsprechend ihrer Flächen und Anschaffungskosten-/ Herstellungskosten sowie Erhaltungs- und Finanzierungskosten auf diese drei Wirtschaftsgüter aufzuteilen. Im Beispielfall stellt der betrieblich genutzte Teil der Immobilie notwendiges Betriebsvermögen dar. Bei der eigengenutzten Wohnung handelt es sich um Privatvermögen. Das gleiche gilt für die Vermietungseinheit. Nehmen wir im Beispielfall an, der Unternehmer hätte das Anwesen bei Betriebsgründung zum Preis von 300.000 € im Jahre 2002 erworben und die drei aufgrund ihrer unterschiedlichen Nutzung verschiedenen Wirtschaftsgüter wären alle gleich groß. Im Jahre 2015 verkauft der Unternehmer das Anwesen, mit einem Marktwert von nunmehr 360.000 € oder noch besser, er überträgt es schuldenfrei auf seinen Sohn. Bei den im Privatvermögen befindlichen Wirtschaftsgütern „Eigengenutzte Wohnung“ und „vermietete Wohnungen“ wäre ein Verkaufserlös steuerfrei (Ablauf der zehn Jahresfrist gem. § 23 EStG). Bei der betrieblich genutzten Einheit, welche dem Betriebsvermögen zu geordnet wurde, erfolgte im Jahre 2002 eine Aufnahme in das Anlageverzeichnis mit dem anteiligen Anschaffungswert von 100.000 €. Der Gebäudeanteil wurde in den Nutzungsjahren linear abgeschrieben und der Restbuchwert im Betriebsvermögen beträgt 2015 noch 70.000 €. Die Übertragung des Eigentums an diesem Wirtschaftsgut/der Immobilie an den Sohn führt steuerlich zu einer Entnahme zum gemeinen Wert von anteilig 120.000 € (1/3 von 360.000). Nach Abzug des Restbuchwertes von 70.000 € verbleibt ein zu versteuernder Gewinn in Höhe von 50.000 €, der im Regelfall dem normalen Einkommensteuertarif unterliegt. Die Ermittlung des Gewinns von 50.000 € wird unter Fachleuten als die „Auflösung stiller Reserven“ bezeichnet. Bei einem Steuersatz von 42 % + Soli und Kirchensteuer, führt der Beispielfall zu 24.045 € an Steuern. Es braucht nicht viel Phantasie um ähnliche Vergleichsrechnungen anzustellen, die deutlich höhere Steuerlasten mit sich bringen.
Wichtig: Eine der häufigsten Fallen zum Thema „notwendiges Betriebsvermögen“ bildet das häusliche Arbeitszimmer. Nehmen wir an, ein Steuerberater nutzt einen Arbeitsraum von 20 qm in seiner Eigentumswohnung von 100qm, die er für 280.000 € erworben hat, ausschließlich für berufliche Zwecke. So überschreitet der Wert des notwendigen Betriebsvermögens von 20 % von 280.000 € = 56.000 € bereits deutlich die Geringfügigkeitsgrenze mit allen Konsequenzen. Tipp: Dient der „Arbeitsraum“ auch noch privaten Zwecken, zum Beispiel als Gästezimmer durch das Vorhalten eines Gästebettes oder eine Schlafcouch, so können zwar die Raumkosten nicht anteilig steuermindernd berücksichtigt werden, aber das Zimmer gehört dann auch nicht zum notwendigen Betriebsvermögen. Hinweis: Die Einrichtungsgegenstände und sonstigen Arbeitsmittel, die rein betrieblich genutzt werden, können dennoch steuermindernd als Betriebsausgaben berücksichtigt werden. Natürlich gibt es im Einzelfall auch Gestaltungsvarianten die u.U. zu einem günstigeren Ergebnis führen. Besser ist jedoch, von vorne herein zu entscheiden, ob die Immobilie dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden soll, oder ob durch eine geeignete Gestaltung genau dies vermieden wird.
Für eine Immobilie im Betriebsvermögen kann es im Einzelfall viele gewichtige Gründe geben (Beispiel: Betrieb als Einheit, Steuerabzug von Abschreibungen, Renovierungskosten, Schuldzinsen und Steuerersparnis bei der Erbschaftsteuer). Übrigens, bei einer Grundstücksgemeinschaft, bei der die Gesellschafter identisch sind mit den Teilhabern / Gesellschaftern des Unternehmens / Betriebes, gelten die gleichen Regeln wie im Beispielfall. Dies auch unabhängig davon, ob die Gesellschaftsanteile identisch sind (Beispiel: Grundstück: A=30 %, B=40 %, C=40 % – Gebäude: A=20 %, B=30 %, C=50 %).
Wie wird die Abschreibung bei in das Betriebsvermögen aus dem Privatvermögen eingelegten Wirtschaftsgütern ermittelt?
Die Einlage erfolgt mit dem steuerlichen Teilwert (§6 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Der Teilwert entspricht im wesentlichen dem Zeitwert. Abweichend zu angeschafften Wirtschaftsgüter bemisst sich die Abschreibung jedoch gem. § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG nach den fortgeführten Anschaffungs-/ Herstellungskosten. Hierzu hat der BMF mit Schreiben vom 27. Oktober 2010, IV C 3 – S 2190/09/10007 ausführliche Darstellung mit Fallbeispielen veröffentlicht. Wichtig: Für die Einlage von Immobilienvermögen und Gesellschaftsanteilen an der „eigenen“ Kapitalgesellschaft, gelten Sonderregelungen, die in der Regel für den Steuerpflichtigen ungünstiger sind.
Wie kann die Einlage als „notwendiges Betriebsvermögen“ vermieden werden?
Jetzt die Überlegungen zum Thema „Vermeidung“ des beschriebenen Szenarios. Beginnen wir bei betrieblich genutztem Immobilieneigentum, das nicht im Alleineigentum des Unternehmers steht. Beispielsweise bei Eheleuten, die ein gemeinsames Haus besitzen, in dem sich auch die Arztpraxis des Ehemannes befindet. Die Arztpraxis gehört zweifelsfrei zum notwendigen Betriebsvermögen, jedoch nur in Höhe des Eigentumsanteils des Arztes. Beträgt dieser wie im Beispielfall 50 %, führt dies bei einem Verkauf oder einer Entnahme nur zur anteiligen Besteuerung des Gewinnes (vergl. BFH Urteil vom 29.4.2008 VIII R 98/04) / Auflösung der stillen Reserven.
Fazit: Um eine steuerliche Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen zu vermeiden, darf die betrieblich genutzte Immobilie damit sich nicht im anteiligen Eigentum des Unternehmers befinden oder es darf die Geringfügigkeitsgrenze von 20.500 € nicht überschritten werden. Ehegatten neigen oft aus rein pragmatischen Gründen dazu, dass Immobilienvermögen bei dem Nichtunternehmerehegatten zu belassen. Dies oft auch aus haftungsrechtlichen Gründen, wie im Falle einer Insolvenzgefährdung des Unternehmers. Im Todesfall oder im Falle der Scheidung kann dies jedoch zu ebenso unerwünschten Nebeneffekten führen, die es im Vorfeld im Rahmen von Eheverträgen und Testamenten oder sonstiger erbrechtlicher Regelungen zu bedenken gilt. Das Gleiche gilt, wenn die betrieblich genutzte Immobilie sich im Eigentum der Eltern oder der Kinder des Unternehmers befinden. Buchstäblich in der Sekunde nach dem Tod des Vaters gehört beispielsweise das vom allein erbenden Sohn genutzte Betriebsgrundstück zum notwendigen Betriebsvermögen beim Betrieb des Sohnes. Hier sind entsprechende vertragliche Vereinbarungen im Vorfeld zur Absicherung des Unternehmers zu treffen.
Eine gängige Unternehmerlösung ist auch, dass Unternehmen/den Betrieb in der Rechtsform einer GmbH, d.h. einer Kapitalgesellschaft zu führen und das betrieblich genutzte Grundstück im Privatvermögen zu belassen. Auf den ersten Blick sind dann das Unternehmen, als eigenständige Rechtspersönlichkeit in Form der GmbH und der Grundstückseigentümer in Form des privaten Unternehmers nicht identisch. Dies trifft auch zivil- und handelsrechtlich zu. Die Fachwelt spricht hier von einer sogenannten „Betriebsaufspaltung“. Ein Betrieb wird in zwei Betriebe aufgespaltet. Das eine „Unternehmen“ vermietet die Geschäftsräume u.a. und das andere Unternehmen nutzt diese Geschäftsräume oder auch andere angemietet Wirtschaftsgüter. Steuerrechtlich wird diese „Betriebsaufspaltung“ bei Identität der Unternehmer (Eigentümer des Grundstückes und Anteilseigner der GmbH sind identisch) nicht vollzogen und löst damit eine ganze Reihe von unerwünschten Folgen und finanzielle Risiken aus. Das gängigste Modell zur Vermeidung einer steuerschädlichen Betriebsaufspaltung ist das Ehegatten-Modell. Ein Ehegatte ist alleiniger Gesellschafter der GmbH und betreibt das Unternehmen und der andere Ehegatte ist der Grundstückseigentümer (sogenanntes „Wiesbadener Modell“). In diesem Fall sind die natürlichen Personen, der Eigentümer des Grundstückes und der Eigentümer der Gesellschaftsanteile der GmbH, nicht identisch. Über die steuerlichen Risiken und Gefahren einer Betriebsaufspaltung, Voraussetzungen und Vermeidungsstrategien berichte ich an anderer Stelle. In diesem Artikel nicht angesprochen wurden auch Sonderprobleme bei der Umsatzsteuer und der Grunderwerbsteuer die sich bei Immobilienvermögen als notwendiges Betriebsvermögen ergeben können.
Ermittlung des Veräußerungsgewinnes bei Immobilien: Sonderproblem Abschreibungen
Beispiel: Ein Anwesen dass zu 50 % vom alleinigen Hauseigentümer für gewerbliche Zwecke genutzt wird (Beispiel: Kurzzeitvermietung von Zimmern an Monteure/Beherbergungsgewerbe) soll verkauft und werden. 50 % des Anwesens waren notwendiges Betriebsvermögen des Gewerbes. Der Verkaufspreis des gesamten Anwesens beträgt 200.000 €. Der gemeine Wert des Anwesens zum Zeitpunkt des Beginns der gewerblichen Tätigkeit beträgt 120.000 €. Der ermittelte Veräußerungsgewinn beträgt 80.000 €. Davon fallen 50 % = 40.000 € auf den gewerblichen Anteil/Betriebsvermögen. Hinzuzurechnen sind die Abschreibungen über die Dauer der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen. Abzuziehen sind evtl. noch nicht abgeschriebene nachträgliche Herstellungskosten etc. Bei einer ordentlichen betrieblichen Buchführung ergibt sich der Veräußerungsgewinn aus der Differenz zwischen dem anteiligen Veräußerungspreis und dem Buchwert. In vielen Praxisfällen wurde jedoch nicht erkannt, dass es sich um notwendiges Betriebsvermögen handelt und es erfolgte demgemäß auch keine Aufnahme im Anlageverzeichnis des Unternehmens und auch keine Buchung von gewinnmindernden Abschreibungen. Nach § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG kommt es bei gewerblichen Einkünften hierauf auch nicht an. Es sind die Regelabschreibungsbeträge hinzuzurechnen unabhängig davon, ob diese tatsächlich in Anspruch genommen wurden. Dies im Gegensatz zu einer Steuerpflicht im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäftes gem. §23 EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, Arbeitslohn, Kapitalvermögen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nummer 4 – 7 EStG). Ausgenommen von der Berücksichtigung von Abschreibungen sind Fälle bei denen der Abzug der Aufwendungen (häusliches Arbeitszimmer) nach § 4 Abs. 5 EStG ausgeschlossen bzw. auf 1.250 € begrenzt war.
Besonderheiten für Gebäude die vor dem 31.7.1995 angeschafft oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden sind zu beachten (Vergl. BMF Schreiben vom 5.10.2000 – IV C 3 – S 2256 – 263/00 BStBL 2000 I 1983).
15.7.2016
Dieter P. Gonze, Steuerberater